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Meinung: Zumutung für Currywürstchen

Wahl- und Wackelberliner: Friedbert Pflüger will Spitzenkandidat der CDU werden

Hannover sei sein Lebenmittelpunkt geworden, erklärte Friedbert Pflüger im vergangenen März. Wann immer es gehe, fahre er „nach Hause“. Was man eben so sagt, als niedersächsischer Bundestagsabgeordneter, wenn Hannovers „Neue Presse“ fragt.

Er lebe „furchbar gern im neuen Berlin“, schrieb Friedbert Pflüger im Jahr 2001 in der „Berliner Morgenpost“. Was man eben so schreibt, in Berlin.

Sein politisches Vaterland sei die Bonner Demokratie; einen Neuanfang, für den Berlin stehe, wolle er nicht, sagte Friedbert Pflüger 1991 im Bundestag und stimmte gegen den Umzug der Hauptstadt. Jetzt will Friedbert Pflüger Regierender Bürgermeister von Berlin werden.

So so. Na und? Manche in der Berliner CDU meinen, Pflügers wechselhafte Berlingeschichte schade ihm bei einer Kandidatur gegen den Ureinwohner Wowereit. Die alte West-Union hat mit so etwas Erfahrung. Anfang der 80er Jahre schoss sie erfolgreich den aus Hamburg angereisten SPD-Spitzenmann Hans Apel ab; dessen Frau hatte sich etwas despektierlich über Molle und Bolle geäußert. Da empörten sich die eingemauerten Currywürstchen ganz enorm.

Heute gibt es Menschen, die jeden Tag mit dem Zug zwischen Hamburg und Berlin pendeln, und niemand hat sich darüber erregt, dass Gerhard Schröder, als er noch Kanzler war, auch noch in Hannvover lebte und, wie Pflüger, gerne ins Stadion zu 96 ging. Wo einer herkommt, spielt keine so große Rolle mehr in Berlin, und was einer früher mal gesagt und gemacht hat – du liebe Güte, nach dem Außenminister, nach 15 Jahren …

Geradezu erheiternd im Und-das-ist-gut-so-Berlin ist ein weiterer angeblicher Makel des Würdegernkandidaten: Pflügers zoffig zelebrierte Trennung von Margarita Mathiopoulos, FDP- Frau und Ex-beinahe-Sprecherin Willy Brandts, von der er Alimente fordert. Mit Alimenteprozessen kennt sich Berlin nun wirklich aus. Zudem: Mit einer solch schlichten Sicht auf die Dinge – Scheidung privat gleich Schaden politisch – könnte die Berliner CDU auch auf die gegenteilige Idee kommen: mit Pflüger ließen sich vielleicht Stimmen bei eingebürgerten Türken holen; die wissen, wie es ist, mit Griechen zu clinchen. Einer von ihnen.

Sinnvoll ist eine Kandidatur Pflügers für ihn, seine Partei und die Stadt aber nur, wenn er seine scheinbare Mission Impossible nicht bloß als bundeskarrierebefördernden Schmiss auf der Wange versteht. Wenn er kommt, dann ganz: Hauptwohnsitz, Parteivorsitz, beides auch und gerade im Pleitefall. Mit einem Lächelkandidaten, der gleich zum Winke-Winke wechselt, ist niemandem gedient. Dann sollte die Union lieber gleich konsequent originell sein und ohne Spitzenkandidaten in die Wahl ziehen. Aber vom Kollektiv ist diese Partei ja nicht nur ideologisch, sondern auch organisatorisch weit entfernt.

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