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Zustand der CSU: Auf allen Vieren

Der Machtkampf der CSU offenbart die ganze Inhaltslosigkeit der Partei

Von Robert Birnbaum

Wenn es keinen Grund gegeben hätte, die CSU nicht zu wählen, liefert ihn die Ex-Staatspartei gerade nach. Auf die Idee, das wichtigste Regierungsamt zwischen einer Viererbande auszukegeln, sind nicht mal die Grünen in ihren wilden Jahren gekommen. Dabei ließe sich dem Diadochenkampf in München ja sogar noch einiges fürs Demokratielehrbuch abgewinnen. Leider entspringt er so gar nicht basisdemokratischen Idealen. Sein Kern ist blinde Überheblichkeit. Die CSU beteuert seit Sonntagabend, sie habe die Botschaft ihrer Nicht- Mehr-Wähler verstanden. Verstanden hat sie – nichts.

Das Problem ist nicht, dass nach dem Sturz der beiden unglücklichen kleinen Könige ein Machtkampf um die Nachfolge stattfindet. Das ist normal, ja sogar notwendig, wenn Personalfragen zugleich Richtungsfragen sind.

Im Fall CSU geht es um Richtungen aber ausdrücklich nicht. Selbst Horst Seehofer soll nicht wegen, sondern eher trotz seiner Richtung Parteichef werden – gefragt ist seine Begabung als Volksberedner. Das Quartett, das Ministerpräsident werden will, ist endgültig frei von inhaltlicher Differenz. Es geht um Vereinsmeierei, taktische Bewerbungen und am Rande kurz mal um die immerhin legitime Frage, welches der vier Gesichter am ehesten Aufbruch vermittelt. Die Antwort darauf heißt übrigens, bei allen Vorbehalten: Horst Seehofer.

Die Botschaft des Gerangels aber ist: Wir machen weiter wie bisher. Wir kümmern uns mit aller Macht um Posten. Ob unsere Politik falsch war – bitte, Leute, wir regieren ja weiter, das gucken wir uns später an! Sofern wir nicht vom Postenboxen ermattet sind.

Dabei ist das Schauspiel hochgefährlich. Es verfestigt bei Bayerns Wählern genau den Eindruck, der zu diesem Wahldebakel geführt hat: Die kümmern sich nicht um uns. Der Eindruck ist aus zwei Gründen entstanden. Der eine hat mit Personen zu tun: Huber und Beckstein machten den Eindruck von Menschen, die sich schon gerne kümmern würden, aber es nicht hinbekamen. Auf diesem Feld wird Seehofer, ob als Parteichef oder in Doppelrolle, Boden gutmachen. Den Kümmerer glaubhaft vermitteln kann er. Bei ihm besteht eher die Gefahr, dass er zu viel Eindruck vermittelt für das Konkrete, das er liefern kann.

Denn da liegt der zweite Grund für das Scheitern der CSU, einer, der weit über Bayern hinausweist. Die Volkspartei CSU hat sich das Volk selbst erschaffen, das ihm den Rücken kehrte. Sie haben „Laptop und Lederhose“ propagiert. Nun fordern Lederhosenträger die DSL-Verbindung auf jedem Almhof ein. Das überfordert selbst das reiche Bayern. Die CSU hat das nie eingestanden, hat noch den Sparkurs als Akt ihrer Kraft inszeniert. Sie hat sich überhoben an selbst genährten Ansprüchen. Auf das Problem haben alle Volksparteien keine Antwort. Die CSU ist den anderen auch darin wieder voraus.

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