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Meinung: Zwangsarbeiter-Entschädigung: Endlich zahlt es sich aus

Werfen wir einen Blick in die sehr nahe Zukunft. In wenigen Tagen wird sich der Kanzler mit wichtigen Größen der deutschen Wirtschaft in seinem neuen Dienstsitz im Spreebogen treffen.

Werfen wir einen Blick in die sehr nahe Zukunft. In wenigen Tagen wird sich der Kanzler mit wichtigen Größen der deutschen Wirtschaft in seinem neuen Dienstsitz im Spreebogen treffen. Selbstverständlich unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Denn Schröder hat ein ernstes, wenn auch nicht unfreundliches Wort mit den Herren der Unternehmen in Sachen Entschädigung der NS-Zwangsarbeiter zu wechseln. Immerhin gilt es ja inzwischen auch, einen nachhaltigen Imageschaden für die Republik zu verhindern. Das ist Kanzlersache.

Liebe Leute, wird er also sagen, die leidige Sache muss endlich vom Tisch. Ihr könnt euch doch mit der jetzt vorhandenen Rechtssicherheit zufrieden geben. Mehr Schutz vor Klagen bekommt ihr ohnehin nicht. Vor der Sommerpause möchte ich das Thema erledigt wissen. Zuspruch von seinem Berater Graf Lambsdorff, Grummeln bei den versammelten Herren. Bedenken werden zu Protokoll gegeben. Danach Pressetermin. Tenor: Der Weg für die Auszahlung an die Opfer ist frei.

So ähnlich war es schon einmal vor ein paar Wochen. Damals, Mitte März, ging es darum, dass die in der Stiftungsinitiative versammelten, zahlungswilligen Firmen einfach nicht ihren Fünf-Milliarden-Anteil für den zehn Milliarden schweren Entschädigungstopf zusammenbekamen. Allenthalben Kopfschütteln, Entsetzen im Ausland. Das blieb auch dem Kanzler nicht verborgen. Mit seinem untrüglichen Instinkt für ein klärendes Machtwort zur rechten Zeit versammelte er die Industrie-Chefs und machte ihnen klar, dass es so nicht weitergeht. Und schwuppdiwupp war das Geld beisammen.

Nun wäre der Kanzler vermutlich der Letzte, der für das Land und dessen Aufschwung wichtige Leute vor aller Augen lächerlich macht. Also stellt er sich auch demonstrativ vor sie: Eine Änderung des Stiftungsgesetzes werde es mit ihm nicht geben, und überhaupt müssten die Firmen ohne Wenn und Aber vor Klagen in den USA geschützt sein. Vorher gibt es kein Geld. Das wiederum gab der Wirtschaft das gute Gefühl, sich auf einer Linie mit dem Regierungschef zu wissen. Und das macht stark. Doch Schröder weiß üblicherweise, wann Stimmungen zu kippen drohen und deshalb die Reißleine zu ziehen ist. Mit der Klageabweisung durch die New Yorker Richterin Shirley Kram am Donnerstag war der Zeitpunkt gekommen.

Ein neuer Konsens muss nun her. Es wird ihn geben. Denn wie vieles andere auch hat Schröder die Entschädigung der Zwangsarbeiter schon zu Regierungsbeginn zur Chefsache erklärt. Das hat sich bewährt. Immer wenn es knirschte, schritt er öffentlichkeitswirksam ein und hat die Luft herausgenommen. Das Prinzip Schröder - für die Opfer, auf deren Rücken die unsägliche Debatte stattfindet, könnte es sich auszahlen.

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