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Meinung: Zwei Deutsche in Nahost Was Westerwelle und Fischer außenpolitisch trennt

Von Hans Monath Fast hätten sie sich in Scharons Büros die Klinke in die Hand geben können. Es ist Zufall, dass Joschka Fischer und Guido Westerwelle, der im Herbst Außenminister werden will, in der gleichen Woche in den Nahen Osten reisen.

Von Hans Monath

Fast hätten sie sich in Scharons Büros die Klinke in die Hand geben können. Es ist Zufall, dass Joschka Fischer und Guido Westerwelle, der im Herbst Außenminister werden will, in der gleichen Woche in den Nahen Osten reisen. Weder der Außenminister noch der FDP-Chef haben diesen Vergleich gesucht. Aber vor dem Hintergrund des Antisemitismus-Streits in der FDP wird man genau hinsehen. Zwei deutsche Politiker in Israel, der Ältere Jahrgang ’48, der Jüngere Jahrgang ’61: Folgt aus Westerwelles Bekenntnis zu einer neuen, unbefangeneren Generation auch eine neue, eine andere Außenpolitik?

Noch vor einem Jahr hätte die Folie für diese Frage ganz anders ausgesehen: Da gab es die deutsche Vermittlerrolle im Nahen Osten noch nicht. Selbst nach Fischers Krisenintervention nach dem Anschlag auf das Dolphinarium in Tel Aviv Anfang Juni 2001 überwogen die Bedenken, ob ein Politiker aus dem Land des Holocaust da nicht mehr Schaden als Nutzen stiften würde. Und noch immer ist unklar, ob Fischers Bemühen in der Region je einen dauerhaften Erfolg haben wird. Ein Effekt aber steht schon fest: Die Möglichkeiten und das Ansehen deutscher Außenpolitik sind größer geworden.

Darin liegt der Clou von Fischers Politik: Ohne seine tiefe persönliche Verpflichtung gegenüber der deutschen Geschichte (in der er übrigens Helmut Kohl mehr ähnelt als etwa Gerhard Schröder) hätte er das Vorhaben nie vorangetrieben. Auch wenn es der Minister selbst nie zugeben würde: Die Belastung seines Landes verwandelt er in politische Gestaltungsmacht, weil er Vorbehalte gegen Deutschland nicht für albern oder überholt erklärt, sondern als historischen Auftrag empfindet.

Westerwelle dagegen hat im Streit um Möllemann signalisiert, nun beginne etwas Neues, er setzte auf eine neue Unbefangenheit. Hat er in Israel nun verstanden, dass im Bekenntnis zu den Lasten eine große politische Chance liegt? Dass ein innenpolitischer Seiltanz einen außenpolitischen Absturz bedeuten kann? Im Gästebuch der Gedenkstätte Jad Vaschem widerrief er seine Generationenthese zur Geschichte: „Wir bleiben in ihrer Verantwortung.“ Wenn dies nicht nur eine Floskel sein sollte, sondern die Erfahrung seiner Reise, müsste er daraus zuhause Konsequenzen ziehen.

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