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Meinung: Zwei halbe Herrscher

Von Clemens Wergin

Wieder einmal wird in der UNZentrale in New York um eine Irakresolution gerungen. Es geht darum, wer wie viel Macht erhält und für wie lange, wenn am 30. Juni die irakische Übergangsregierung die Verantwortung übernimmt. Strittig ist vor allem, ob Sicherheitsfragen weiter allein von den Kriegskoalitionären unter Führung der USA entschieden werden, oder ob die provisorische Regierung ein Vetorecht bekommt.

Das ist mehr als eine Frage formaler Souveränität. Es ist auch eine praktische Frage, deren Relevanz man zurzeit am Umgang der Amerikaner mit dem radikalen Schiitenführer Muktada al Sadr besichtigen kann. Seit dessen Mehdi-Miliz verschiedene Schiitenstädte im Süden Iraks handstreichartig übernommen hat, suchen die USA nach einem Gegenmittel. Mal wird die Miliz mit harter Hand bekämpft, dann wieder gehen die Amerikaner Verhandlungskompromisse wie jetzt in Nadschaf ein, um die schiitische Mehrheit nicht weiter zu reizen. Nicht auszudenken, welches Durcheinander herrschen würde, wenn die irakische Übergangsregierung jeder einzelnen Militäraktion zustimmen müsste und sich etwa die schiitischen Kabinettsmitglieder dem Druck von der Straße ausgesetzt sähen. Das wäre eine Einladung an politische Parteien und Fraktionen im Irak, sich ebenfalls eine militärische Hausmacht zuzulegen und politische Streitigkeiten mit Waffen statt Argumenten auszutragen. Da die Iraker auf absehbare Zeit nicht für ihre Sicherheit werden sorgen können, ist es richtig, den Amerikanern hier weite Befugnisse zuzugestehen.

Für alle anderen Bereiche muss die Übergangsregierung aber die eindeutige Zuständigkeit erhalten. Nicht nur, weil die Verwaltung besser von Irakern organisiert werden kann, die sich mit den lokalen Gepflogenheiten auskennen. Sondern auch, weil es demütigend ist, bei jedem Bitt- und Behördengang einen Amerikaner oder Briten vor der Nase zu haben. Die Souveränität dieser provisorischen Regierung muss aber ihrerseits Grenzen haben. Schließlich ist sie nur eingesetzt, nicht gewählt. Ihre Zuständigkeit endet also dort, wo die zukünftiger Regierungen beginnt. Das heißt: Langfristige Verträge, etwa Bohrkonzessionen oder Verpflichtungen, die Weichen für die nächsten Jahre stellen, darf diese Regierung nicht eingehen. Auch das sollte eine UN-Resolution möglichst deutlich festlegen.

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