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Meinung: „Zwischen uns gibt es keinen Streit mehr“

Nun hat sie es also doch geschafft: Julia Timoschenko, die Ikone der Revolution in Orange, soll wieder Regierungschefin der Ukraine werden. Dabei wollte Präsident Viktor Juschtschenko genau das unbedingt verhindern.

Nun hat sie es also doch geschafft: Julia Timoschenko, die Ikone der Revolution in Orange, soll wieder Regierungschefin der Ukraine werden. Dabei wollte Präsident Viktor Juschtschenko genau das unbedingt verhindern. Vor anderthalb Jahren hatten sie noch Seite an Seite auf dem Unabhängigkeitsplatz in Kiew gestanden. Die Frau mit dem zum Kranz geflochtenen Haar war sogar noch populärer als der heutige Präsident. Die beiden Bündnispartner hatten sich jedoch, einmal an der Macht, immer tiefer zerstritten. Im September 2005 feuerte der Präsident seine Regierungschefin Timoschenko: Zu eifrig und zu kompromisslos hatte sie die Korruption bekämpft – und gleichzeitig weiter an ihrem Image als charismatische Revolutionärin gearbeitet.

Bei der Wahl im März wurde ihr Block zweitstärkste Kraft, weit vor Juschtschenkos Partei. Timoschenko beanspruchte daher das höchste Regierungsamt für sich. Nach drei Monaten zäher Verhandlungen schien es, als würden die Gespräche daran scheitern – und als würde Juschtschenko eine Koalition mit den Widersachern der Revolution eingehen. Dagegen machte die 45-Jährige Stimmung und stilisierte sich zur Bewahrerin der Ideale der Revolution. Am Ende hat sie sich durchgesetzt und dem Präsidenten eine Niederlage bereitet.

Selbst Neuwahlen hätte sie nicht zu fürchten brauchen. Von Juschtschenko sind viele Ukrainer tief enttäuscht. Hatte er während der Revolution noch versprochen, alle „Banditen ins Gefängnis“ zu schicken, klang das im vergangenen Jahr ganz anders: Ausgerechnet Viktor Janukowitsch, dem Hauptfeind der Revolutionäre, sagte er eine Amnestie für Wahlfälscher zu. Solche Kompromisse sind Timoschenko fremd. Sie steht für radikale Reformen und den Bruch mit dem alten System.

Sie scheut auch nicht davor zurück, sich mit früheren (Geschäfts-)Freunden anzulegen. In ihrer ostukrainischen Heimat hatten sie und ihr Mann nach dem Zerfall der Sowjetunion im Energiesektor ein Vermögen gemacht. Doch später ging die damals reichste Frau des Landes in die Politik und sagte den Oligarchen und dem korrupten System den Kampf an. Sie verbrachte sogar 42 Tage im Gefängnis, gab aber nicht auf. Kompromisslos und ohne Rücksicht auf Risiken wird die Frau, für die die Revolution ein Glücksfall war, wohl auch künftig regieren. Schon vor Monaten hat sie gedroht, die mit Russland mühsam ausgehandelte Vereinbarung über Gaslieferungen zu kündigen.

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