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Ursula Weidenfeld ist Wirtschaftsjournalistin. Sie war unter anderem Chefredakteurin von "impulse".

© Mike Wolff

Zwischenruf: Aufsichtsräte als Show

Manche Aufsichtsräte scheitern im Amt - und manche Aufsichtsräte hätten nie Aufsichtsräte werden dürfen

Schwere Zeiten für Aufsichtsräte: In dieser Woche haben Klaus Wowereit und Matthias Platzeck ihre Plätze an der Spitze des Aufsichtsgremiums der Berliner Flughafengesellschaft getauscht. Am Freitag hat Chefaufseher Gerhard Cromme mit Ach und Krach die Hauptversammlung des skandalgeschüttelten Stahlherstellers Thyssen-Krupp überstanden. Beide Fälle offenbaren das Grundproblem der deutschen Aufseherei: Hier wird nicht nach der optimalen Besetzung für schwierige Ämter gesucht. Hier wurde versucht, mit Symbolberufungen Reputation herzustellen. Das muss scheitern.

Natürlich kann man sagen, dass es in Unternehmen auf die Qualität des Vorstands ankommt, und nicht unbedingt auf den Aufsichtsrat. Das stimmt – solange der Vorstand gut ist. Versagt er, braucht es einen gut strukturierten, kompetenten und entschlossenen Aufsichtsrat. Wowereit oder Platzeck, das ist nicht entscheidend. Entscheidend ist, dass sich zwei an der Spitze des BER-Aufsichtsrats abwechseln, die es beide nicht können. Politiker sind keine Betriebswirte, Controller, Unternehmensplaner. Für sie zählt das Bild, das der interessierten Öffentlichkeit vermittelt wird: Ein Ministerpräsident reiht sich nicht ein. Er marschiert voran.

Thyssen-Krupp hat einen Berg von Problemen. Eines davon ist der Aufsichtsrat. Gerhard Cromme hat im Jahr 2010 neben dem Präsidenten des Bundesverbandes der Deutschen Industrie und der Wirtschaftsweisen Beatrice Weder di Mauro auch den SPD-Politiker Peer Steinbrück in den Aufsichtsrat berufen. Weil es ihm darauf ankam, dass die Firma ordentlich kontrolliert wird – oder war es womöglich wichtiger, die gefragtesten Dinner Speaker Berlins in die Villa Hügel zu bitten? Ordentlich kontrolliert wurde bei Thyssen-Krupp jedenfalls offensichtlich nicht: Das Unternehmen gehörte zum Schienenkartell, das die Bahn an der Nase herumführte, ihm liefen die Kosten für den Neubau von Stahlwerken in Brasilien davon, Vorstände veranstalteten Luxusreisen auf Firmenkosten.

Es ist nicht entscheidend, ob es Politiker, ehemalige Vorstandschefs oder emeritierte Professoren sind, die an die Spitze von Gremien oder Untersuchungsausschüsse gewählt werden. Sie alle können – unabhängig von ihrer Kompetenz, ihrem Arbeitseifer, ihrer Detailkenntnis – die Sache in den Sand setzen. Es geht aber ziemlich sicher schief, wenn bei der Berufung der Name wichtiger war als die Kompetenz.

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