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Zwischenruf: Wozu noch an die Uni?

Je lauter Bildungsexperten auf Eltern und ihre halb erwachsenen Kinder einreden, dass Bildung alles ist, desto merkwürdiger sind die Ergebnisse. Obwohl inzwischen jeder weiß, dass Abitur und Hochschulbildung die beste Arbeitslosenversicherung sind, steigt der Anteil der Bildungsambitionierten nur zögernd.

Das liegt vermutlich nicht an Dummheit, sondern an der (zutreffenden) Erkenntnis, dass die Bildungsrendite trotz aller Beteuerungen, es sei andersherum, zurückgeht. Abitur und Hochschulstudium zahlen sich im Vergleich zu früher nicht mehr so aus. Die Gehaltsunterschiede zwischen Hoch- und mäßig Gebildeten sind kleiner geworden. Das Gespür dafür ist in akademisch nicht vorgeprägten Häusern sehr fein – wenn es sich nicht unmittelbar lohnt, länger zu lernen und nichts zu verdienen, macht man es eben nicht. Schon gar nicht, wenn man sich noch anhören muss, dass der Weg, den man gewählt hat, nichts taugt.

Im Bemühen, Jugendlichen die Brisanz einer Nichtausbildung klarzumachen, werden derzeit leichtfertig Erwerbsbiografien abgewertet und Lebensläufe heruntergestuft, die den Respekt der Gesellschaft und der Jugend verdient hätten. Denn für ihre Eltern gilt nur bedingt, dass das Risiko von Armut und Arbeitslosigkeit umso höher ist, je niedriger die Qualifikation ist. Weit bis in die mittleren Erwerbsjahrgänge hinein zeigen durchaus bürgerliche Biografien, dass man auch ohne Abitur prima leben kann. Vor zwanzig Jahren war der Hauptschulabschluss noch keine Schande, praktische Begabungen waren nicht der verkappte Stempel „zu dumm für die Dienstleistungsgesellschaft“.

Bildung ist Zukunftsversprechen und Zukunftsversicherung. Dass sich dieses Versprechen aber mit der Globalisierung materiell entwertet, ist bisher ein Geheimnis der Bildungsökonomen und der Betroffenen geblieben. Das neue Versprechen heißt nur, seltener arbeitslos statt schnell wohlhabend zu werden. Pech für die Jungen, dass die früher einfachen Jobs heute für höhere Einstiegsqualifikationen reserviert sind: aus Gabelstaplerfahrern sind Logistiker geworden, aus Waldarbeitern Forstwirte. Die ältere Generation hat diese Entwicklung im Idealfall durch Weiterbildungen nachvollzogen. Die jüngere hat diese Zeit nicht. Das wäre das richtige Argument für beide Familienteile. Das wäre zudem motivierender als das Signal: Werdet bloß nicht so wie eure Eltern! Das wollen Jugendliche sowieso lieber nicht.

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