Für diese Minishow sollte man erst mal heimlich üben, damit es am Ende nicht peinlich wird. Denn das neue BMW 435i Cabrio ist eines der mittlerweile ganz seltenen Exemplare mit einem Metallklappdach. Na und? Da ist man nicht so frei wie bei einem Cabrio mit konventionellem Stoffdach. Die Bayern sind stolz, dass ihre aufwendige Konstruktion sich während der Fahrt immerhin bis Tempo 18 öffnen lässt. Das gab es bislang nicht bei Metallklappdächern. Doch ist man unaufmerksam und nur wenig schneller, geht die Show abrupt zu Ende. Blöd, wenn andere dann zuschauen.
Der BMW 4er trägt Blechdach aus Tradition
Ansonsten ist das Schauspiel schon beachtenswert, wie sich die komplizierte Mechanik sortiert und binnen 20 Sekunden das dreiteilige Dach im schlanken Heck verstaut hat. In geschlossenem Zustand offenbart die BMW-Lösung allerdings noch einen anderen Nachteil: Das Ladevolumen verringert sich von 370 auf 220 Liter. Das wäre noch zu verschmerzen. Allerdings bleibt nur eine winzige Ladeöffnung, weil die komplizierte Verdeckkonstruktion so viel Platz beansprucht. Also gibt es eine sogenannte Ladefunktion. Die ist praktisch, aber umständlich. Per Hand den Kofferraum öffnen, per Knopfdruck hebt sich das Verdeck hydraulisch etwas an. Dann muss wieder per Hand das Abdeckungsrollo zurückgeschoben werden. Erst jetzt können zum Beispiel zwei Wasserkisten eingeladen werden. Dann die gleiche Prozedur rückwärts. Laderollo per Hand hinten einrasten, Verdeck hydraulisch senken und Heckdeckel wieder manuell zudrücken. Dies alles sollte man möglichst auch nicht vor Publikum tun.

BMW pflegt also trotz gewisser Nachteile die Tradition des Metallklappdaches mit einer Beharrlichkeit, die irgendwie beeindruckt. In einer Zeit, da Hersteller wie Peugeot und Volvo sich vom komplizierten und teuren Metallklappdach abwenden oder entsprechende Modelle einstellen, bringen die Münchner ein neues Cabrio mit Blechdach. In einer Zeit überdies, da Konkurrenten wie Audi und Mercedes mit mehrlagigen Akustikverdecks beim Geräuschkomfort zum Blechdach nahezu aufgeschlossen haben und mit geringerem Aufwand ähnliche Ergebnisse erzielen.

Doch BMW hat quasi geantwortet; mit einem Blechdach, das einen sogenannten absorbierenden Himmel besitzt. Dieser verringert die Windgeräusche gegenüber dem Vorgänger um zwei dB an Lautstärke. Was bedeutet das? Drei dB, so die Faustformel, bedeutet eine Verringerung der Geräusche um 50 Prozent. Im Fahralltag bedeutet dies erfreulicherweise, dass das neue 4er Cabrio mit geschlossenem Dach zu den Autos mit dem leisesten Klappverdeck gehört. Der absorbierende Himmel schweigt. Dass es voll wintertauglich ist, muss wohl nicht extra erklärt werden. Die aufwendige, insgesamt gut 230 Kilogramm schwere Konstruktion ist natürlich nicht ideal für einen sportlich tiefen Schwerpunkt. Doch da hat BMW schon bei der Entwicklung gegengesteuert: 10 Millimeter wurde die Karosserie tiefer gelegt, der Radstand gegenüber der aktuellen Dreier-Limousine um fünf Zentimeter verlängert und die Spur vorn um 4,5 und hinten gleich um 8,1 Zentimeter verbreitert.
Sonorer Klang im BMW 435i Cabrio
Zudem konnte die sogenannte Torsionssteifigkeit der Karosserie gegenüber dem Vorgänger um beachtliche 40 Prozent erhöht werden. Folge: Auch im offenen Zustand irritiert das gut 1,8 Tonnen schwere 4er Cabrio nicht mit lästigen Verwindungen oder Knarzgeräuschen. Der 4,64 Meter lange Viersitzer ist die Ruhe selbst - und schafft somit die technischen Voraussetzungen für ein Fahrerlebnis der besonderen Art. Fährt man zu zweit und hat für 360 Euro Aufpreis das handliche Windschott aufgespannt, sind der Himmel über einem weit und die Gefühle groß.

Das Fahrerlebnis, das mit dem 4er Cabrio daherkommt, ist schon eine Klasse für sich. Ausgewogene Gewichtsverteilung, hoch präzise Lenkung, optimale Arbeitsposition mit exquisiten, leicht modifizierten Sitzen aus dem BMW 6er, endlich in diesem Auto auch die dem hohen Preis entsprechend hochwertigen Materialien - und ein Antrieb der einfach nur klasse ist.

Wir fahren das 435i Cabrio mit der famosen Achtgang-Sportautomatik für 56 150 Euro Basispreis. Der 306 PS starke Reihensechszylinderturbo mit seinem sonoren Klang, dessen angeflanschtem Achtgangautomatik-Getriebe, das die Gänge nahezu unmerklich wechselt, passen zu diesem Open-Air-Genuss. Das dürfte auch die wählerischsten Frischluft-Gourmets zufriedenstellen.
420d ab 46 300 Euro
Gourmethaft sind allerdings auch die Preise. Da ist BMW traditionell auch wieder ganz BMW! Zum Marktstart im März kostet das günstigste 4er Cabrio, der 420d mit 184 Diesel-PS, mindestens 46 300 Euro; mithin 1500 Euro mehr als der Vorgänger, das 3er Cabrio. Das von uns gefahrene 4er Cabrio 435i mit dem 306 PS starken Reihensechszylinder steht mit mindestens 54 000 Euro zu Buche, und der 245 PS leistende Vierzylinder im 428i darf erst angelassen werden, wenn zuvor an den BMW-Händler 48 200 Euro überwiesen wurden. 2500 Euro kostet für diesen Motor der Allradantrieb xDrive.
Doch mehr noch die Aufpreise aus der langen Liste haben es in sich - wie der für den sogenannten Nackenwärmer, der nicht wie bei Audi und Mercedes in der Kopfstütze, sondern im oberen Teil der Rückenlehne sitzt. Der Preis? Unverschämte 2590 Euro! Denn es gibt ihn nur im Paket. Exklusivität also auch beim Preis.

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