zum Hauptinhalt
Langfinger-Hauptstadt Berlin: Jedes Jahr verschwinden mehr als 26 000 Fahrräder.

© pd-f

Diebstahlschutz für das Fahrrad: Der Frust mit dem Schloss

Berlin ist die Hauptstadt der Fahrraddiebe. Jeden Tag werden in unserer Stadt 71 Bikes gestohlen. Oft sind Radfahrer aber auch sehr fahrlässig. Wer ein paar Grundregeln beachtet und ordentliche Schlösser kauft, kann auch in Berlin darauf bauen morgens sein Fahrrad wieder vorzufinden.

Jedes Jahr werden rund 350 000 Fahrräder in Deutschland gestohlen. 2012 waren es in Berlin genau 26 029 Räder, die entwendet wurden. Damit liegt die Bundeshauptstadt in der deutschen Statistik weit vorne. Zum Vergleich: In Hamburg wurden im vergangenen Jahr mit 13 991 Rädern nur etwas mehr als die Hälfte geklaut. München weist mit 5481 Diebstählen sogar nur rund ein Fünftel der Berliner Zahlen vor. Wenn Sie jetzt den bangen Blick auf die Straße vor ihrem Haus richten, dann geschieht das nicht zu unrecht. In unserer Stadt werden statistisch gesehen täglich 71 Fahrräder entwendet.

Dennoch besteht kein Grund zur Panik, denn für einen großen Teil dieser Diebstähle gibt es einen durchaus einleuchtenden Grund: Viele der gestohlenen Räder waren schlecht oder sogar gar nicht gesichert. "Etwa ein Viertel der als gestohlen gemeldeten Räder waren zum Zeitpunkt des Diebstahls nicht angeschlossen", sagt Roland Huhn vom Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club (ADFC). Gelegenheit macht eben Diebe.

Schallmauer von drei Minuten

Und auch wenn das Zweirad abgeschlossen wurde stellt sich immer noch die Frage, wie und mit was? Einfache Spiralschlösser beispielsweise lassen sich schon mit einem kleinen Seitenschneider knacken. Der Dieb benötigt nur Sekunden, der Schutzeffekt geht gegen null. Für ein hochwertigeres Schloss benötigt ein Langfinger da schon mehr Zeit und besseres Werkzeug. Vor allem die benötigte Zeit für einen Diebstahl ist dabei entscheidend. Laut Gesamtverband der deutschen Versicherer lässt ein Dieb in der Regel die Finger vom Rad, wenn das Entwenden länger als drei Minuten dauern würde. Mit jeder Sekunde steigt für den Langfinger das Risiko entdeckt zu werden. Zumindest wenn es sich nicht absolute Profis handelt. Die sind allerdings in Regel sehr gut vorbereitet und deutlich schneller.

Faltschlösser aus Stahl sind ein guter Kompromiss zwischen Praxisnutzen und Sicherheit.
Faltschlösser aus Stahl sind ein guter Kompromiss zwischen Praxisnutzen und Sicherheit.

© pd-f

Diese Fakten sprechen für hochwertige Schlösser, die jeder Radfahrer auf jeden Fall besitzen sollte. Ein Spiralsschloss eignet sich höchstens mal für den Kurzaufenthalt vor der Bäckerei oder dem Kiosk. Ansonsten sollte Radfahrer selbst mit einem günstigen Drahtesel davon Abstand nehmen. Vor allem in Berlin und an belebten Plätzen wie Bahnhöfen, der Uni oder vor dem Schwimmbad. Das Minimum an Sicherheit bieten sogenannte Panzerkabelschlösser, die im Vergleich zu Spiralschlössern deutlich dickere Stahlseile im Innern haben. Ein Vergleich der Stiftung Warentest im Mai dieses Jahres zeigte aber, dass ein Profi auch hier kaum mehr als 15 Sekunden benötigte. Selbst für die dickeren Panzerkabel genügt schon ein Bolzenschneider und der Schutz ist in Sekunden geknackt.

Guter Schutz oft nicht ganz praktisch

Ein ernsthafter Schutz vor Diebstahl beginnt daher erst mit einem Panzerkettenschloss. Diese schweren Ketten wiegen allerdings gerne mal mehr als zwei Kilogramm und sind etwas unhandlich. Noch besser schnitten bei der Stiftung Warentest die Bügelschlösser ab. Die erweisen sich aber durch ihre starre Form oftmals auch als unpraktisch, denn so mancher Laternenpfahl ist schlicht zu dick für sie. Ein guter Kompromiss sind hingegen die Faltschlösser aus Stahl, die platzsparend transportiert werden können und gleichzeitig robust sind.

Ein Schloss aus Panzerseilen ist leider relativ leicht zu knacken. Hier genügt schon Bolzenschneider. Für einen kurzen Stopp leisten sie gute Dienste.
Ein Schloss aus Panzerseilen ist leider relativ leicht zu knacken. Hier genügt schon Bolzenschneider. Für einen kurzen Stopp leisten sie gute Dienste.

© pd-f

Unter den einzelnen Fabrikaten gibt es allerdings große Unterschiede. Auch unter den Faltschlössern konnten die Prüfer der Stiftung Warentest einige in sehr kurzer Zeit knacken. Gleiches gilt für Panzerketten oder Bügelschlösser. Oftmals ist es nicht unbedingt das Material der Kette oder des Bügels selbst, dass sich als schwach erweist. Nicht selten sind die Verschlüsse von minderer Qualität. Bügelschlösser oder Panzerketten können beispielsweise manchmal schon mit einem kleinen Stemmeisen an der Verriegelung aufgebrochen werden. Das gilt vor allem für sehr günstige Fabrikate, die im Bereich des Verschlusses aus billigem Gusseisen gefertigt sind. Diebe wissen oft um diese Schwächen und erkennen Billigware in der Regel schnell.

Teuer ist nicht unbedingt gut

Umgekehrt sind aber teure Schlösser auch nicht immer sicherer. Es kommt sehr auf die Qualität der Materialien und des Schließmechanismus an. Manch teures Schloss zeigt dann gerade an diesen neuralgischen Stellen Schwächen. Der Vergleich der Stiftung Warentest in diesem Jahr zeigte eben, dass auch teure Produkte manchmal viel zu leicht zu knacken sind. Nur fünf von 37 Fabrikate erhielten die Note "gut". 17 Schlösser hingegen bekamen ein "mangelhaft", darunter auch teure Markenfabrikate.

Die Sicherheitsstufen einzelner Hersteller können zumindest etwas Aufschluss geben. Diese sind allerdings auch nicht allgemeingültig. Gunnar Fehlau vom Pressedienst Fahrrad erläutert, dass hier jede Marke ihre eigenen Standards habe. "Sie zeigen in erster Linie Relationen im Sortiment", erklärt er. Im Zweifelsfall können sich Radbesitzer bei der Polizei nach hochwertigen Fabrikaten erkundigen. Die Grundregel von zehn Prozent des Fahrradwertes, die ein Schloss etwa kosten sollte und die von manchen Organisationen ausgegeben wird, gilt dabei höchstens als grobe Orientierung. Aussagekraft hat sie kaum.

Solide und fest verankert muss es sein

Noch wichtiger als das Fabrikat selbst ist aber die richtige Art und Weise das Fahrrad anzuschließen. Oft wird das Bügelschloss einfach durch die Speichen gesteckt, manchmal sogar nur durch das vordere Rad. Dann kann ein Fahrrad einfach weggetragen werden. Ein Schloss muss immer mit einem festen Gegenstand verbunden sein. Hierfür eignen sich zum Beispiel der Pfahl eines Straßenschildes oder ein Eisengeländer. Wenig sinnvoll ist es hingegen ein hochwertiges Schloss durch einen Maschendrahtzaun zu stecken. Der ist noch schneller durchgeknipst als jedes Schloss.

Ein sehr guter Schutz für die Nacht ist eine Fahrradgarage. Hier ist das Rad vor neugierigen Blicken sicher.
Ein sehr guter Schutz für die Nacht ist eine Fahrradgarage. Hier ist das Rad vor neugierigen Blicken sicher.

© pd-f

Nicht nur hochwertige Fahrräder sollten mit zwei guten Schlössern am Rahmen befestigt werden. Eines vorne, das das Vorderrad mitsichert und eines hinten durch Rahmen und Hinterreifen. Optimalerweise sollte es sich dabei noch Schlösser zweier unterschiedlicher Bauart handeln. Denn Diebesbanden sind manchmal auf eine bestimmte Art von Schlössern spezialisiert. Und schließlich dauert es dann immerhin noch mal etwas länger zwei Schlösser zu knacken.

E-Bikes in Gefahr

Den absoluten Schutz gibt es leider nicht. Mit entsprechendem Werkzeug, wie einer Akku-Flex zum Beispiel, gibt am Ende jedes Schloss nach. Es ist ausschließlich eine Frage der Zeit und des Geräuschpegels, die das Knacken verursacht. Teure Sportgeräte sollten die Besitzer daher auch nie wirklich aus den Augen lassen. Auch E-Bikes sind stark diebstahlgefährdet. Zu Hause stehen die noch am sichersten in der Wohnung oder im Haus.

Möglicherweise ist eine externe Fahrradgarage vor der Tür noch eine Lösung. Aber auch die könnten Diebe neugierig werden lassen. Mit dem richtigen Schloss ist dann alles Menschenmögliche getan. Dann hilft nur noch eine gute Fahrradversicherung. Damit die einspringt muss das Fahrrad allerdings auch ordentlich gesichert sein.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false