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Schnäppchen möglich: Manch ein Rad lässt sich im Internet günstiger finden, als beim lokalen Händler - Freude macht es aber nur, wenn es von Größe und Qualität auch passt.

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Online-Anbieter drängen auf den Markt: Schnäppchen und Tücken beim Fahrradkauf im Internet

Riesige Auswahl, Schnäppchenpreise und die Möglichkeit der individuellen Zusammenstellung: Die Bestellung im Internet bringt Fahrradfahrern viele Vorteile. Doch Drahtesel sind komplexe Geräte. Online-Käufer sollten wissen, worauf sie sich einlassen.

Was für Computer, Schuhe oder Kleidung gilt, gilt auch für Fahrräder: Beim Kauf im Internet lässt sich oft Geld sparen. „Das ist nicht immer der Fall, aber grundsätzlich sind im Internet sicher Schnäppchen möglich“, sagt René Filippek vom Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club (ADFC). Trotzdem ist der Anteil der über das Internet verkauften Räder noch relativ gering. Bei 11 Prozent lag er laut Zweirad-Industrie-Verband (ZIV) im vergangenen Jahr. Bei steigender Tendenz: 2012 waren es noch 9 Prozent. Dem ZIV zufolge geht der leichte Zuwachs in erster Linie zulasten der SB- und Baumärkte, nicht zulasten der Einzelhändler. Die sind nach wie vor für 70 Prozent der Verkäufe gut. Auch weil zunehmend mehr Elektrofahrräder verkauft werden, für die es einen höheren Beratungsbedarf gibt, mutmaßt der ZIV.

Das richtige Maß zählt

Doch auch abgesehen von den E-Bikes gehören Fahrräder zu den komplexeren Waren, die man im Internet bestellen kann. Deshalb sollten Online-Kunden wissen, worauf sie sich einlassen. Für Gunnar Fehlau vom Pressedienst Fahrrad (pd-f) lässt sich ein Rad ohne Probefahrt nur schwer beurteilen. „Das ist oftmals mit echten Aha-Effekten verbunden“, sagt er. Anhand der reinen Daten den Charakter eines Rades einzuschätzen, sei schwer. Denn neben der Rahmengröße spielen etwa Oberrohrlänge, Vorbaulänge und -neigung sowie die Länge der Sattelstütze eine Rolle. „Wer sein altes Rad von der Mitte des Tretlagers bis zur Oberkante des Sattels ausmisst, bekommt Werte, die man mit denen des Wunschrades vergleichen kann“, sagt Fehlau. Allerdings sieht er hierin nur einen Anhaltspunkt.

Von Angesicht zu Angesicht: Anders als Shops im Internet punktet der Fahrradhändler vor Ort mit direkter Beratung. Auch Probefahrten sind ohne Weiteres möglich.
Von Angesicht zu Angesicht: Anders als Shops im Internet punktet der Fahrradhändler vor Ort mit direkter Beratung. Auch Probefahrten sind ohne Weiteres möglich.

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Die meisten Versender bieten Online-Tools an, mit denen sich die korrekte Rahmengröße ermitteln lässt. „Da gibt es unterschiedliche Ausprägungen, bei manchen gibt man nur die Schrittlänge ein, andere nehmen noch weitere Daten auf“, sagt Filippek. Ausgegeben wird dann in der Regel eine bestimmte Rahmenhöhe. „Die feine Anpassung erfolgt allerdings über die Vorbaulänge und -neigung“, gibt er zu bedenken. Filippek empfiehlt, sich für das Ausmessen Hilfe zu holen. „Sich ganz alleine auszumessen, ist sehr schwer.“

Online meist nicht schneller

Während man beim Händler vor Ort das Wunschrad ganz genau unter die Lupe nehmen kann, gibt es im Netz meist nur mehr oder weniger aussagekräftige Fotos - und die Liste der verbauten Teile. Darüber bekommt man laut Fehlau zumindest einen Eindruck davon, ob die Qualität der Einzelteile stimmt. „Man kann das mit einem Cocktail vergleichen: Ich sehe, ob der die richtigen Zutaten hat, deshalb weiß ich aber noch nicht, ob er mir wirklich schmeckt.“ Er rät, genau zu überprüfen, ob etwa eine „sortenreine“ Schaltgruppe verbaut ist. Dazu gehören streng genommen neben Tretlager und -kurbel, Schaltwerk und Umwerfer auch die Ritzel und die Kette.

Alt gegen neu: Beim Internet-Händler geht das nicht unbedingt schneller. In der Regel müssen Versandhändler auch beim Großhändler oder Hersteller ordern. Das kann manchmal dauern.
Alt gegen neu: Beim Internet-Händler geht das nicht unbedingt schneller. In der Regel müssen Versandhändler auch beim Großhändler oder Hersteller ordern. Das kann manchmal dauern.

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Heute bestellt und morgen geliefert - das sieht bei Rädern oft anders aus. „Ob ich online oder beim stationären Händler bestelle, macht oftmals keinen Unterschied“, sagt Fehlau. In der Regel müssen die Versandhändler auch beim Großhändler oder Hersteller ordern. „Wenn ein begehrter Rahmen oder eine Gabel ausverkauft ist, ist sie eben ausverkauft. Nachbestellen dauert oftmals sehr lange“, sagt Filippek.

Nachteile beim Internetkauf

Beim Onlinekauf muss man auch Eigenleistung einplanen. „Die Räder kommen meist vormontiert im Karton“, sagt Fehlau. „Da sind die Pedale nicht montiert, der Sattel ist versenkt und der Lenker quergestellt“, erläutert er. „Viel technisches Know-how muss man für die Montage nicht unbedingt mitbringen“, sagt Filippek, die Bedienungsanleitung ist meist ausreichend informativ. Allerdings gibt es etwa beim Vorbau bestimmte Anzugsdrehmomente zu beachten: „Ohne Drehmomentschlüssel geht das nicht, und nur wenige Hersteller liefern ihn mit.“

Fehlau weist zudem darauf hin, dass der quergestellte Lenker eine Einstellung des Steuersatzes notwendig macht. „Da muss man also ein Gefühl fürs Lagerspiel haben, was nicht unbedingt jedem liegt.“ Und das Rad muss an den Fahrer angepasst werden. „Ein erfahrener Händler sieht unter Umständen, ob Schmerzen im Handgelenk eventuell von der Sattelneigung herrühren, der Laie würde eher den Lenker justieren.“

Wer sein Fahrrad im Internet gekauft hat, kann vom Händler um die Ecke nicht allzu viel Entgegenkommen erwarten, wenn etwas kaputt ist, gibt Filippek zu bedenken. Und während Händler an bei ihnen gekauften Rädern sicher auch die ein oder andere Einstellung zwischendurch machen, berechnen sie bei Rädern aus dem Internet die Arbeitszeit für gewöhnlich voll. (dpa)

Heiko Dilk

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