Die Mercedes-S-Klasse aus den 90ern ist für 2000 Euro im Angebot, den Audi A8 gibt es für einen ähnlichen Kurs. Selbst gebrauchte Porsche Cayenne sind inzwischen weit unter 10 000 Euro angekommen – da wird der große Auftritt auch mit kleinerem Geldbeutel bezahlbar. Der Gedanke kann verlockend sein, mit dem vorhandenen Budget keinen sechs Jahre alten Golf, sondern so ein richtig großes Schiff mit allem Luxus zu kaufen.
Selbst ein Profi hält die Idee nicht für komplett falsch: „Nicht jedes billige Auto muss schlecht sein“, sagt Carsten Bräuer, Leiter der Dekra-Niederlassung in Oranienburg – um direkt einen Einwand hinterherzuschieben: „Die Instandhaltungskosten für so ein Auto bleiben weiter auf Oberklasse-Niveau. Mit einem Mittelklasse-Budget kann ich den Wagen nicht dauerhaft auf der Straße halten.“
Besonders die Elektronik kann Probleme machen
Die Rechnung dahinter ist einfach: Acht Zündkerzen für einen Achtzylinder kosten doppelt so viel wie vier für ein Auto mit vier Zylindern, Oberklasse-Wagen sind schnell und schwer, daher sind viele Komponenten größer und damit teurer dimensioniert. Schon eine Inspektion an einem technisch aufwendigen Fahrzeug kann vierstellige Geldbeträge verschlingen. Und direkte Spritsparwunder sind ältere 300-PS-Limousinen auch eher selten – all das kann sich zu schmerzhaft spürbaren Beträgen summieren.

„Außerdem“, meint Dekra-Mann Bräuer, „sind die Autos, die im Moment billig im Angebot sind, meist aus der ersten Generation, in der eine Flut von elektronischen Steuergeräten verbaut ist. Wenn da etwas kaputtgeht, kann das sehr teuer werden.“ Elektronik regelt Komfortfunktionen wie Klimatisierung und Sitzverstellung, aber auch lebenswichtige Dinge wie Antiblockiersystem oder Stabilitätsprogramm. Fehlersuche kann fummelig und aufwendig werden. Dazu sind neue Elektronikkomponenten als Ersatzteil oft ebenfalls nicht günstig.
Also – aus der Traum und weiter Kompaktklasse fahren? Nicht unbedingt, meint der Experte. Aber: „Man muss sich das leisten können und wollen.“ Bräuer rät, nur so viel Geld für den Kauf auszugeben, dass man noch einmal den gleichen Betrag in der Hinterhand hat, falls Reparaturen anfallen. Mit welchen Kosten pro Kilometer man rechnen muss, haben der ADAC und andere berechnet, man kann diese Informationen im Internet leicht finden. Wenn der Wagen mit diesen Informationen immer noch im Budget ist, kann man über einen Kauf nachdenken.
Im Zweifel nachprüfen
Aber dann gilt es, genau hinzusehen. „Wer sich nicht sicher ist, der sollte einen fachkundigen zweiten Mann mitnehmen oder den Wagen zu einer Prüfstelle fahren“, rät Bräuer. Ebenfalls extrem von Vorteil ist, wenn der Vorbesitzer ein Inspektionsscheckheft vorweisen kann, das halbwegs regelmäßig gestempelt ist. „Und alt sollte es aussehen“, fügt Bräuer hinzu – Blanko-Scheckhefte kann man nämlich kaufen und Stempel leicht anfertigen lassen.
Misstrauen ist bei ehemals teuren und edlen Autos besonders angebracht. Denn oft ist man nicht der Erste, der billig ein großes Auto fahren will. „Und wer kein Geld hat, der spart bei der Wartung“, meint Bräuer. Schwere, schnelle Wagen, ausgestattet mit No-Name-Billigreifen und mit Bremsbelägen aus dem Online-Auktionshaus, die der Kumpel der Freundin mal eben montiert hat – so etwas kann gefährlich werden. Auch Assistenzsysteme geben irgendwann auf, wenn sich nie jemand um sie kümmert. Deshalb sind vertrauenswürdige Vorbesitzer bei einem alten BMW 7er noch wichtiger als bei einem Kleinwagen.
Weitere Tipps, damit der Kauf eines Oberklasse-Wagens nicht als Albtraum endet? Sich im Zweifel mit einer kleineren Motorisierung anfreunden und nicht gerade mit dem aufwendigst zu reparierenden Zwölfzylinder. Auf ein paar Extras verzichten, denn was nicht da ist, kann auch nicht kaputtgehen. Und lieber das häufig gebaute Modell wählen, das Werkstätten kennen und für das Ersatzteile verfügbar sind – und nicht den mondänen Exoten, an dem jeder Handgriff von Spezialisten erledigt werden muss.
Youngtimer für Liebhaber
Als weiteren Tipp hat Bräuer parat, auch Autos ins Auge zu fassen, die noch eine Generation älter sind. „In den Youngtimern aus den Achtzigern steckt weniger Elektronik, da kann man noch mehr in Eigenregie machen.“ Natürlich brauchen auch solche Autos Liebhaber, die sie pflegen und bereit sind, in die Wartung zu investieren „Und dann gibt es auch noch die Spielernaturen unter den Autokäufern“, fügt Bräuer hinzu. „Die holen sich so einen Wagen für ganz wenig Geld und hoffen dann, dass er möglichst lange durchhält. Wenn er kaputt ist, schreiben sie den Kaufpreis eben ab.“
Jedenfalls ist es nicht so, dass der Dekra-Mann noch nie über ein Luxusmobil nachgedacht hätte. „So ein alter Jaguar XJ, mit dem 4,2-Liter-Sechszylinder und dem vielen Holz und Leder im Innenraum“, sagt er, „damit hat man schon einen ganz besonderen Auftritt.“
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