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Politik: … es eng wird für die Bürokratie

Das Monster klebt an Deutschland wie Kaugummi an der Sohle: die Bürokratie. Schon Bismarck und Max Weber haben auf sie geschimpft, und falls es überhaupt ein Thema gibt, das alle Parteien eint, dann dies.

Das Monster klebt an Deutschland wie Kaugummi an der Sohle: die Bürokratie. Schon Bismarck und Max Weber haben auf sie geschimpft, und falls es überhaupt ein Thema gibt, das alle Parteien eint, dann dies. Die Bürokratie muss weg! Wer das ruft, hat den kompletten Bundestag incl. PDS, Pförtner, Putzkolonne und Kantine hinter sich, eine Mehrheit also, die sogar Freibier für alle ins Grundgesetz schreiben könnte. Doch es passiert nichts. Bis jetzt! Denn heute tritt jener Mann in Aktion, der für die Bürokratie das Gleiche bedeuten möchte wie St. Georg für den Drachen: Wolfgang Clement erklärt auf einem Bonner Symposium, wie er sich den finalen Streich gegen das Monster vorstellt.

Vorsicht, Herr Minister, es ist ein gefährliches Ungeheuer, zu dessen Waffen beispielsweise das Formular BA II AtG 21 a (Abrechnungsliste zum Antrag auf Erstattung von Leistungen nach § 4 Altersteilzeitgesetz) gehört. Es hat Fotografen gezwungen, in ihre Dunkelkammern Fenster einzubauen, hat Büros geschlossen, weil sie zwei Zentimeter zu niedrig waren, und hat um Sitzhilfen in Imbissstuben – „Einrichtungen, die eine wesentliche Verlagerung des Körpergewichts von den Beinen aufs Gesäß ermöglichen“ – einen Verordnungsverhau gelegt, aus dem sich manch braver Wirt lebend nicht mehr zu befreien vermochte. Und wenn da einer Widerhall findet mit der Forderung nach der Steuererklärung, die auf einen Bierdeckel passt, dann tauchen alsbald Bierdeckel von Parkplatzgröße auf.

Doch wie sähe ein Deutschland ohne Bürokratie aus? Es wäre nicht mehr das Land, das wir kennen und lieben. Verwaist die Rathäuser und Liegenschaftsämter, sinnentleert die Erfassungsbögen der amtlichen Statistik, still und stumm Gero Storjohann, der Bürokratieexperte der CDU („Freiheit wagen – Bürokratie abbauen“). Kaum vorstellbar! Und erst die Folgen für die Konjunktur: Ein einziger Ministerialdirigent entfaltet mit Orts und Familienzuschlag die Kaufkraft mehrerer Gebäudereinigerkolonnen. Ohne ihn und seinesgleichen wäre die Wirtschaft bald am Ende.

Gewiss: Der Staat könnte das beim Bürokratieabbau gesparte Geld sozial gerecht mit dem Hubschrauber abwerfen und damit einen enormen Konsumschub auslösen. Doch dann ginge es schon wieder los. Ist das steuerfrei? Wird es auf die Alu angerechnet? Haben jene, die leer ausgehen, ein Recht auf Ausgleichszahlungen? Clement hat sich da richtig was vorgenommen. bm

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