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Politik: ... es Zeit fürs Schlusswort wird

Berühmte letzte Worte, oh, da gibt es mittlerweile doch einige. In der Kategorie „Schlicht und ergreifend“ nach wie vor um Längen führend – natürlich: Goethes „Mehr Licht …“ Dichter, der er war, attestiert man dem Hinscheidenden üblicherweise heute noch den nötigen lyrischen Tiefgang, gewissermaßen bis zum letzten Atemzug.

Berühmte letzte Worte, oh, da gibt es mittlerweile doch einige. In der Kategorie „Schlicht und ergreifend“ nach wie vor um Längen führend – natürlich: Goethes „Mehr Licht …“ Dichter, der er war, attestiert man dem Hinscheidenden üblicherweise heute noch den nötigen lyrischen Tiefgang, gewissermaßen bis zum letzten Atemzug. Prosaischer veranlagte Naturen weisen in dem Zusammenhang allerdings gerne darauf hin, dass Goethes Sprache doch recht intensiv „frankfodderisch“ eingefärbt war. Der Sterbende, einigermaßen vernünftig gebettet auf seinem west-östlichen Diwan, wollte eigentlich gerade zu einem selbstzufriedenen „Mehr lischt hier net schlescht“ (Man liegt hier gar nicht übel) ansetzen, kam aber umständehalber nicht mehr dazu.

Bitte, verbrieft ist das nicht. Weit weniger bekannt, aber in jedem Fall bedeutend selbstkritischer dagegen das lebensbeschließende Fazit von Leonardo da Vinci: „Ich habe Gott und die Menschheit beleidigt, denn meine Arbeit erreichte nicht die Qualität, die sie hätte haben sollen.“ So viel Reflexionsvermögen in eigener Sache wünschte man sich manchmal schon früher, beispielsweise bei den ausscheidenden Gören im Recall von „Deutschland sucht den Superstar“.

Zyniker wie der Philosoph Niccolo Machiavelli haben der zurückbleibenden Welt gleich noch einen mitgegeben, nett ist das nicht, aber wenigstens etwas zum Nachdenken. Machiavelli soll, bevor er 1527 verschied, gesagt haben: „Ich wünsche mir, in die Hölle zu gehen und nicht in den Himmel. In Ersterer werde ich die Gesellschaft von Päpsten, Königen und Prinzen genießen, während in Letzterem nur Bettler, Mönche und Apostel sind.“

Ja. Das Sammeln von letzten Worten ist ein wenig aus der Mode gekommen, was möglicherweise mit einem sich breit machenden Fatalismus zusammenhängt, dergestalt, dass einem ohnehin schon lange keiner mehr so richtig zuhört. Umso interessanter der Fall des neuseeländischen Fallschirmspringers Michael Holmes, der dieser Tage aus einer Höhe von 3600 Metern mit 130 Stundenkilometern der Erde entgegenraste, dabei gewahr werdend, dass sein Schirm klemmte. Holmes hatte eine Helmkamera dabei, scheiterte aber bei der Suche nach einem entsprechend pathetischen Schlusssatz an der knapper werdenden Zeit, so dass ihm schließlich nur ein: „Oh, Scheiße, ich bin tot – bye“ über die Lippen kam.

Auch beim Fall aus großen Höhen ist im Prinzip so richtig kritisch nur der letzte Meter. Holmes rauschte mit Karacho in einen Brombeerbusch, verletzte sich am Fuß und ein bisschen an der Lunge, ist sonst aber wohlauf. Gesagt hat er nichts, gedacht aber wahrscheinlich: Mer lischt hier net schlescht. Vbn

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