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Politik: … Hartz V sich ankündigt

Heute ist St. Bartholomäus, der im Kalender das Ende der Hundstage anzeigt und den Beginn des gefühlten Herbstes.

Heute ist St. Bartholomäus, der im Kalender das Ende der Hundstage anzeigt und den Beginn des gefühlten Herbstes. An so einem Tag tut es gut, sich an den Frühling der Bundesrepublik zurückzuerinnern und die allerersten Reformen.

Vor genau 51 Jahren, am 24. August 1953, wurde zum Beispiel der Zebrastreifen offiziell eingeführt. Wenige Monate nach dem Zebrastreifen führte Westdeutschland auch die Parkuhr ein, und zwar in der Duisburger Straße „Am Buchenbaum“, ohne die geringste Vorwarnung. So was kann man nicht endlos diskutieren, das muss man einfach durchziehen. Die Menschen am Buchenbaum standen morgens auf, und vor ihrer Tür standen Geräte, von denen keiner wusste, was es ist. Danach ging der Umbau Deutschlands Schlag auf Schlag vonstatten: Oktober 1956, Einführung einer Verkehrssünderkartei. Januar 1957, erste deutsche Radarkontrolle. September 1957, Tempo 50 in geschlossenen Ortschaften. 1960, Einführung der TüvKontrollen.

Erst im April 1964 bekamen die Fußgänger an den Zebrastreifen Vorrang vor den Autos. Bis dahin war der Zebrastreifen nur ein allgemeiner Warnhinweis. Es stellte sich heraus, dass sich an Zebrastreifen nicht etwa weniger, sondern im Gegenteil mehr Unfälle ereigneten als anderswo, wohl deshalb, weil der Zebrastreifen den Fußgänger dazu verführte, sich in falscher Sicherheit zu wiegen. Der nordrhein-westfälische Innenminister Willi Weyer tat damals den bis heute gültigen Ausspruch: „Man sollte nicht vergessen, dass der Fußgänger nicht selten Unfälle verursacht.“

Nun hören wir von neueren Forschungen der Universität Washington. Sie besagen, dass Menschen über 65 Jahren an Zebrastreifen ohne Ampel inzwischen wieder viermal häufiger überfahren werden als dort, wo kein Streifen ist. Die Wirkung der Streifen auf Autofahrer hat im Laufe der Jahrzehnte offenbar nachgelassen oder sich sogar umgekehrt. Womöglich wirken die Streifen auf neoliberale Fahrer provozierend. Die geringere Fähigkeit der Senioren, sich mit einem Sprung an den sicheren Straßenrand zu retten, tut ein Übriges. In einer alternden Gesellschaft, so die Botschaft aus Washington, teilt der Zebrastreifen das Schicksal der meisten anderen sozialen Errungenschaften der letzten Jahrzehnte. Irgendwie ist er nicht mehr zeitgemäß, denn er bremst die Leistungsbereitschaft des Fußgängers. Haben Sie sich schon mal die Liste der Hartz-V-Reformen angeschaut? mrt

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