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Politik: … Keith Richards die richtige Nase hatte

Wer sich an die 60er Jahre noch erinnern kann, der hat sie nicht erlebt. Das hat Keith Richards einmal gesagt, und man glaubt ihm beides gern: die schönen, unruhigen Zeiten, damals, und die dicken, schwarzen Löcher im Gehirn, heute.

Wer sich an die 60er Jahre noch erinnern kann, der hat sie nicht erlebt. Das hat Keith Richards einmal gesagt, und man glaubt ihm beides gern: die schönen, unruhigen Zeiten, damals, und die dicken, schwarzen Löcher im Gehirn, heute.

Ja, es ist als Beschreibung eines Lebensgefühls vermutlich sogar weit präziser als so mancher Gitarrenriff, der seinerzeit und auch noch sehr viel später in unsere Ohren drang. Wow, was waren das wilde Jahre, alles ging, und, unter uns, eine stabile Nasenscheidewand war jedenfalls schon mal nicht verkehrt!

Später sang dann Bob Dylan voll knarzender Melancholie, dass sich die Zeiten änderten – nur: Dylan irrte sich, und Keith Richards hat ihm ohnehin nie geglaubt. Jetzt hat Richards, 63, zugegeben, das Verrückteste, was er jemals durch seine Nase gezogen habe, sei sein Vater gewesen respektive dessen Asche, verschnitten mit ein wenig Koks – da war das 21.Jahrhundert allerdings schon längst angebrochen. Er habe, hat der Stones-Gitarrist gerade in einem Interview mit dem „New Musical Express“ gestanden, der Asche seines Alten einfach nicht widerstehen können. Dem Dad, da ist sich Richards sicher, hätte das nichts ausgemacht, wenn er zu Lebzeiten davon gewusst hätte.

Cool! Die stets nörgelnden Eltern einfach mal mit auf den Trip nehmen – wer weiß, ob vieles nicht anders gekommen wäre, seinerzeit. Es war also so etwas wie ein versöhnlicher Akt im immerwährenden Generationskonflikt, der, wie wir wissen, auch in den längst verflossenen 60ern Antriebsfeder für so allerlei war. Richards, diese Metapher sei hier ausdrücklich erlaubt, ist allen anderen mal wieder eine Nasenlänge voraus und erst recht solch Ewiggestrigen wie dem Sänger Yusuf alias Cat Stevens, der uns heute noch mit seinem „Father and Son“ quält.

Die richtige, nun ja, Mixtur aus Nähe und Distanz zu Familienangehörigen ist nicht immer leicht zu finden – und vielleicht wird Richards auch in weiser Voraussicht auf den Spruch des Amtsgerichts Wiesbaden gehandelt haben, das dieser Tage gerade einer jungen Frau untersagt hatte, die Asche ihres verstorbenen Vaters zu einem Diamanten pressen zu lassen.

In Wiesbaden sind sie von jeher etwas spießiger veranlagt als Backstage bei den Stones – und was der Amtsrichter zu Richards gesagt hätte, wenn dort die Sache mit dem Asche-Koks-Gemisch verhandelt worden wäre, liegt auch auf der Hand. „You can’t always get what you want“, hätte der Richter gesagt und Richards hätte zurückgenölt: „Oh Mann, das sagt Mick auch ständig.“ Vbn

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