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Justizministerin Christine Lambrecht, Innenminister Horst Seehofer und Familienministerin Franziska Giffey bei der Pressekonferenz zum Kabinettbeschluss über Maßnahmen zur Bekämpfung des Rechtsextremismus und Hasskriminalität am 30.10.2019

© imago images/Christian Thiel

Neun-Punkte-Programm gegen Rechtsextremismus: Kabinett beschließt Maßnahmen gegen Hasskriminalität

Das Paket sieht eine Meldepflicht für Plattformbetreiber und ein verschärftes Waffenrecht vor. Demokratieprojekte sollen weiter gefördert werden.

Das Bundeskabinett hat am Mittwoch ein Maßnahmenpaket gegen Rechtsextremismus und Hasskriminalität verabschiedet. Wer Kommunalpolitiker bedroht und im Internet rechtsextreme Hetze verbreitet, soll nach dem Willen der Bundesregierung künftig leichter belangt werden können. „Das Netz ist kein rechtsfreier Raum“, betonte Justizministerin Christine Lambrecht (SPD) am Mittwoch nach der Verabschiedung des Maßnahmenpakets.

Es sieht unter anderem vor, dass Plattformanbieter strafbare Inhalte wie Volksverhetzung und Morddrohungen dem Bundeskriminalamt melden müssen. Das gilt laut Maßnahmenpapier insbesondere für Morddrohungen und Volksverhetzungen. Nach dem Netzwerkdurchsetzungsgesetz gilt bislang nur, dass Betreiber strafrechtlich relevante Inhalte binnen einer Frist löschen oder sperren müssen. Die neue Meldepflicht gilt dann für eine Zentralstelle beim Bundeskriminalamt (BKA), die nach den Regierungsplänen neu eingerichtet werden soll.

Schutz für Kommunalpolitiker

Wenn Kommunalpolitiker Opfer von übler Nachrede oder Verleumdung werden, soll das künftig genauso bestraft werden wie bei Landespolitikern und Bundestagsabgeordneten. Das sei wichtig, weil gerade Kommunalpolitiker „vor Ort unglaublich viel abbekommen“, sagte Lambrecht. Einige der beschlossenen Maßnahmen müssen noch vom Bundestag gebilligt werden.

Innenminister Horst Seehofer (CSU) betonte, ihm sei nach dem Terroranschlag auf eine Synagoge in Halle wichtig, dass auf die Betroffenheit jetzt auch Taten folgten. Dazu zähle auch die nun geplante Verschärfung des Waffenrechts.

Eine Regelanfrage bei den Verfassungsschutzämtern soll künftig dafür sorgen, dass Mitglieder verfassungsfeindlicher Vereinigungen gar nicht erst an Waffen kommen. Bei ihnen wird dann von einer „waffenrechtlichen Unzuverlässigkeit“ ausgegangen. Zudem soll der „Lebenszyklus“ von Waffen von der Herstellung über Besitzwechsel bis zur Vernichtung für die Sicherheitsbehörden nachvollziehbar gemacht werden.

Finazierung der Prävention

Zivilgesellschaftliches Engagement für Demokratie und gegen Extremismus soll laut Maßnahmen-Paket „längerfristig und nachhaltig“ gefördert werden. Ein Demokratie-Fördergesetz, wie es Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) fordert, ist darin aber nicht vorgesehen. Darüber verhandelt sie weiterhin mit Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU). Nach Giffeys Angaben ist die Finanzierung des Programms „Demokratie leben!“ aber für die nächsten Jahre gesichert. Bis 2023 soll es pro Jahr mindestens 115,5 Millionen Euro geben. Sie werde sich während der Haushaltsberatungen dafür einsetzen, dass die Mittel darüber hinaus noch erhöht werden.

Über das Programm „Demokratie leben!“ werden nach Angaben des Familienministeriums mehr als 4.000 Projekte vor Ort gefördert. Dazu gehören Jugendhilfeprojekte, Projekte zur Opfer- oder Ausstiegsberatung im Zusammenhang mit Rechtsextremismus oder auch Initiativen zur Radikalisierungsprävention.

Menschen demonstrieren auf der Unteilbar-Demo in Berlin am 13.10.2019 gegen Antisemitismus und Rassismus.
Menschen demonstrieren auf der Unteilbar-Demo in Berlin am 13.10.2019 gegen Antisemitismus und Rassismus.

© Reuters/Hannibal Hanschke

Mittelkürzungen zurückgenommen

Ursprünglich waren für das kommende Jahr Mittelkürzungen in Höhe von acht Milliarden Euro geplant. Das hatte die Regierung nach heftiger Kritik zurückgenommen. Für die Finanzierung des Programms über 2020 hinaus sei bisher nicht so viel Geld eingeplant gewesen, sagte Giffey. „Es ist ein wichtiger Punkt, dass wir jetzt eine klare Verabredung über Planungssicherheit in den nächsten vier Jahren haben.“

Kritikern hielt sie entgegen, dass kein anderes europäisches Land, ein solches Programm in dreistelliger Millionenhöhe habe, dass sich für Demokratieförderung und Extremismusprävention einsetze.

Im Vorfeld der Kabinettssitzung hatte der Deutsche Richterbund zusätzliches Personal für strafverfolgungsbehörden gefordert. Dies sei notwendig, um die strengeren Gesetze gegen Hetze im Internet auch anwenden zu können.

(Tsp, dpa, epd)

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