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Politik: ...wir den Bäcker mit Vertrauen bezahlen

Eines der beliebtesten Missverständnisse der Moderne besagt, dass wir aus den Ergebnissen von Meinungsumfragen irgendwelchen Nutzen ziehen können. Das können wir aber nicht.

Eines der beliebtesten Missverständnisse der Moderne besagt, dass wir aus den Ergebnissen von Meinungsumfragen irgendwelchen Nutzen ziehen können. Das können wir aber nicht. Ihr Zweck besteht vor allem und überwiegend darin, den Blick ins kollektive Bewusstsein zu öffnen. „Huh!“, sagen wir dann und machen das Fenster zum Kopf schnell wieder zu. Wenn das da rauskommt!

Ein Lieblingsthema unserer Demoskopen ist das Vertrauen. Welchem Heftpflaster trauen Sie die größte Blutstillwirkung zu? Welchem Frühstücksmüsli den stärksten Abführeffekt? Und welchem Bundesminister… Äh, hier, das ist gerade reingekommen, von Reader’s Digest. Welchen Institutionen sprechen die Deutschen ein sehr oder doch zumindest ziemlich hohes Vertrauen aus? Es sind: Ehe und Polizei mit je 75 Prozent, gefolgt von Radio, Bundeswehr und Fernsehen. Irgendwo ganz hinten krebsen so nebensächliche Dinge herum wie die Europäische Union, der Euro und – da müssen wir schon sehr weit drunten bei 14 Prozent nachschauen – die Bundesregierung.

Vertrauen also. Was aber nützt uns dieses Ergebnis? Nehmen wir mal an, es ist Nacht, ein paar Maskierte stehen vor der Tür und fuchteln mit der Faustfeuerwaffe. Dann würden wir trotz allem Basisvertrauen lieber die Feldjäger um Hilfe bitten als die Ehe, die mit solchen Notlagen erfahrungsgemäß völlig überfordert ist. Ähnlich sähe die Sache aus, wenn gerade Leute gesucht werden, die das Regieren einigermaßen hinbekommen. Dann nämlich vertrauen wir diesen Job doch lieber dem real existierenden Bundeskabinett an als den Kampftauchern der Bundesmarine mit ihren im Kanzleramt so unpraktischen Flossen oder den Moderatoren von Radio Hundertachtkommadreizehn, die unfallfrei keine drei Sätze überstehen können und mit ihrer saublöden Musik jeden G8-Gipfel schmeißen würden. Und wenn wir morgens Brötchen kaufen, dann geht das nicht ohne Euro, weil kein Bäcker seine Ware dafür hergibt, dass wir Sabine Christiansen auf den Zahlteller legen.

Vielleicht lässt sich ja was kombinieren. Es spräche viel dafür, den Staat von einem Polizistenehepaar leiten zu lassen, das auf reichlich Moderationserfahrung im Radio zurückblickt und mindestens den Grundwehrdienst abgeleistet hat. Beide sollten ausgewiesene Europaskeptiker sein und voll Herzenswärme an die gute, alte D-Mark erinnern: Sie würden mit Vertrauen förmlich überschüttet, jedenfalls so lange, bis der Appetit kommt und der Bäcker Geld will. Aber dann geben wir halt notfalls eine neue Umfrage in Zahlung. bm

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