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Politik: ...wir forschen

Wegen einer beiläufigen Bemerkung vonWojciech Jaruzelski ist die Bruderkussforschung wieder in die Gänge gekommen. Jaruzelski, der ehemalige polnische Staatschef, hatte in seinen Erinnerungen gekramt und sich posthum über den Kollegen Erich Honecker beschwert: „Er hatte diese ekelhafte Art zu küssen.

Wegen einer beiläufigen Bemerkung vonWojciech Jaruzelski ist die Bruderkussforschung wieder in die Gänge gekommen. Jaruzelski, der ehemalige polnische Staatschef, hatte in seinen Erinnerungen gekramt und sich posthum über den Kollegen Erich Honecker beschwert: „Er hatte diese ekelhafte Art zu küssen.“ Näher spezifiziert hat er den Ekel nicht, das öffnet ein weites Feld für die Bruderkussforschung. Glaube keiner, dass es keine Bruderkussforschung gibt.

Das FraunhoferInstitut für System- und Innovationsforschung hat dieser Tage eine erfreuliche Erkenntnis publiziert. Die deutschen Forscher schreiben immer öfter lange Artikel in Fachzeitschriften. Weltweit liegen sie, was die Menge ihrer Veröffentlichungen angeht, sogar schon auf Platz drei. Dicht hinter den USA und Japan. Und nun wird überall über die deutsche Forschung gut geredet. Ein paar Mäkler gibt es immer. Die sagen, dass gute Ergebnis liege nur an der hohen Anzahl deutscher Forscher, nicht an deren Qualität. Da seien die Schweizer viel effizienter.

Man muss diesen Nörglern vehement entgegentreten. Erstens. Was wissen Schweizer von Bruderküssen? Zweitens. Es muss auch durch die deutsche Forschung ein Ruck gehen. Jahrelang haben andere Nationen über den Einfluss von Erdnussbutter auf die Erdrotation nachgedacht. Oder haben herausgefunden, dass Country-Musik einen verheerenden Einfluss auf die Suizidbereitschaft der Menschen hat. Und warum wurde nicht in Stralsund, sondern irgendwo in Amerika herausgefunden, dass Heringe sich mittels Ablassen von Darmgasen verständigen? Das machen sie besonders in Stresssituationen.

Aber damit ist nun Schluss. Also nicht jetzt mit den Blähungen, sondern mit dem Abstand der deutschen Forschung. Wir sind wieder wer. Kürzlich fand auch international der wertvolle Beitrag „Polyurethane-polyacrylyde hybrid dispersions – modification to improve properties“ viel Beachtung. Und als geradezu bahnbrechend wurde im globalen Forschungssystem folgender Aufsatz gefeiert: „Kann die mögliche Exposition mit Pflanzenschutzmitteln die Struktur und Dynamik von Makroinvertebraten-Lebensgemeinschaften in Gräben erklären?“

Es gibt nichts mehr zu Jammern. Der Bruderkuss wird nur noch im historischen Kontext genutzt. Die deutsche Forschung holt auf. Und der große Rest freut sich, keiner makroinvertebraten Lebensgemeinschaft anzugehören. Makroinvertebrate sind wirbellose Tierchen. Sie leben im Wasser. Wir aber sind in der Wirbellosenforschung und in der Bruderkussforschung führend.Wir müssen uns nicht verstecken.uem

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