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In Minsk kamen erneut Zehntausende zusammen, um gegen Machthaber Lukaschenko zu demonstrieren.

© AFP

100.000 protestieren gegen Lukaschenko: Sicherheitskräfte gehen immer härter gegen Frauen vor

400 Personen kamen allein am Sonntag nach Demos in Polizeigewahrsam. Darunter sind offenbar immer mehr Frauen.

Von Oliver Bilger

Das Regime zeigt in diesen Tagen sein wahres Gesicht – und zwar auf doppelte Weise. Auf Videos vom Samstag ist zu sehen, wie belarussische Sicherheitskräfte gegen friedlich demonstrierende Frauen vorgehen: Sie zerren jüngere und ältere von der Straße, stoßen sie in Kleinbusse. Zu sehen sind Männer, die zupacken, an Haaren reißen, schlagen.

Das brutale Vorgehen ist neu, bislang hatten sich Polizisten und Geheimdienstler bei Frauen noch zurückgehalten. Immer wieder hatten sich mutige Belarussinnen vor demonstrierende Männer gestellt, sie umringt, wenn Sicherheitskräfte diese festnehmen wollten. Immer wieder waren in den vergangenen Wochen die Frauen aufgefallen, wie sie sich den Schergen von Autokrat Alexander Lukaschenko in den Weg stellen. Sogar von einer Revolution der Frauen ist die Rede. Immer am Samstag kommen Tausende zu Frauenmärschen zusammen.

Die Gewalt von Lukaschenkos Kräften macht inzwischen auch vor Frauen nicht mehr Halt.
Die Gewalt von Lukaschenkos Kräften macht inzwischen auch vor Frauen nicht mehr Halt.

© via REUTERS

Einige ließen sich am vergangenen Wochenende selbst vom immer rabiateren Eingreifen der Sicherheitsleute nicht einschüchtern: Sie versuchten, ihren Widersachern Sturmhauben und Schutzmasken vom Gesicht zu reißen. Oft sind es Männer in zivil oder in Uniformen ohne Abzeichen, die Demonstranten abführen.

Damit sie dabei unerkannt bleiben, verbergen sie ihr Gesicht. Doch die Anhängerinnen der Demokratiebewegung versuchen es zunehmend zu entblößen. Ihr Vorgehen zeigte zuletzt durchaus Erfolg. In einigen Fällen schlugen sie die demaskierten Sicherheitskräfte in die Flucht.

Die Oppositionsbewegung protestiert weiter

Mindestens 114 Personen kamen allein am Samstag dennoch in Polizeigewahrsam, wie das Innenministerium mitteilte. Dem Menschenrechtszentrum Wesna zufolge, das viele Festgenommene mit Namen auflistete, handelt es sich überwiegend um Frauen.

Die Polizei nahm offiziellen Angaben zufolge am Sonntag mehr als 250 Menschen fest.
Die Polizei nahm offiziellen Angaben zufolge am Sonntag mehr als 250 Menschen fest.

© AFP

Die Oppositionsbewegung in Belarus lässt sich aber auch davon nicht beeindrucken. Schon am Sonntag demonstrierten erneut mindestens 100.000 Menschen. Dabei nahm die Polizei nach eigenen Angaben mehr als 400 Protestierende fest. Sie fordern seit der von massiven Manipulationsvorwürfen begleiteten Präsidentschaftswahl am 9. August das Ende der Gewalt, die Freilassung aller politischer Gefangener und faire Neuwahlen.

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Der Protest der Demokratiebewegung fand diesmal unter dem Motto „Marsch der Helden“ statt und war auch der inhaftierten Führungsfigur Maria Kolesnikowa gewidmet.

Sie war nach dem Massenprotest am vorvergangenen Sonntag zunächst entführt, dann von offiziellen Sicherheitskräften festgenommen worden und sitzt mittlerweile in einem Gefängnis außerhalb der Hauptstadt. Ihr wird der Versuch der illegalen Machtergreifung vorgeworfen. Ihre Anwältin bezeichnete das als „absurd“.

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Zahlreiche Festnahmen am Sonntag

Kolesnikowa hat ihrerseits Strafanzeige gegen die Behörden wegen Morddrohung gestellt. Am Samstag forderten Tausende Frauen ihre Freilassung. Sie skandierten: „Gebt uns unsere Mascha zurück!“

Auch bei den Protesten am Sonntag gab es wieder zahlreiche Festnahmen. Das Innenministerium sprach von mehr als 250 Menschen allein in Minsk.

In der Hauptstadt hatte die Polizei das Zentrum abgesperrt und blockierte das mobile Internet, damit die Teilnehmer der Demonstration sich nicht über die Route verständigen konnten. Zehntausende zogen dennoch in den Nordwesten der Metropole, wo Lukaschenkos Residenz steht.

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