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Politik: 120 000 Flüchtlinge dürfen bleiben

Koalition einigt sich auf neue Aufenthaltsregelung für Migranten mit eigenem Einkommen

Berlin - Die große Koalition hat sich am Dienstag im Grundsatz auf ein Bleiberecht für langjährig in Deutschland geduldete Ausländer geeinigt. Etwa 120 000 der insgesamt 180 000 Geduldeten können demnach ein Aufenthaltsrecht erhalten, wenn sie bestimmte Bedingungen erfüllen. Nach monatelangem Streit zwischen Union und SPD wurde die Einigung bei einem Spitzentreffen in den frühen Morgenstunden erzielt. Daran nahmen Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU), Arbeitsminister Franz Müntefering (SPD), Unionsfraktionsvize Wolfgang Bosbach und der SPD-Fraktionsvize Fritz Rudolf Körper teil.

„Wir hoffen, dass wir heute Morgen eine gute Lösung gefunden haben“, sagte Schäuble. Allerdings warnte er auch: „Man muss aufpassen, dass man nicht einen Pulleffekt schafft, wenn man zu großzügig ist.“ Schäuble sagte, er werde die nun vereinbarte Linie am Donnerstag den Innenministern auf deren Herbstkonferenz vorstellen. Von den Innenministern der Union kam indes bereits Widerspruch. Bayerns Innenminister Günther Beckstein (CSU) sagte, er halte den vereinbarten Weg für falsch.

Einmalig erhielten nach der Vereinbarung geduldete Flüchtlinge ein Aufenthaltsrecht, wenn sie seit acht Jahren hier leben. Für Familien mit Kindern soll eine Frist von sechs Jahren gelten. Die Flüchtlinge müssen ihren Lebensunterhalt weitgehend selbst bestreiten können – oder nach einer Übergangsfrist einen entsprechenden Arbeitsplatz gefunden haben. Ausgeschlossen vom Bleiberecht werden Ausländer, die die Behörden getäuscht haben, straffällig geworden sind oder als Extremisten eingestuft werden.

Zentraler Punkt der Neuregelung ist die Erlaubnis, sich auf dem Arbeitsmarkt zu bewerben. Nach Darstellung Körpers legte Müntefering dafür ein Konzept vor: Die bisher vom Arbeitsmarkt weitgehend ausgeschlossenen Ausländer dürfen sich „gleichrangig“ mit EU-Bürgern einen Arbeitsplatz suchen. Wenn sie zwei Jahre lang beschäftigt waren, dann könne die Aufenthaltsgenehmigung verlängert werden. Körper sagte, er sei „zufrieden, weil ein Einstieg in ein Bleiberecht gefunden wurde, das nicht zu restriktiv ist“. Wie genau die Fristen für eine Arbeitsaufnahme aussehen werden, ist nach Darstellung Bosbachs aber noch strittig. Bestandteil der Einigung sind auch neue Bestimmungen zur Zuwanderung, zum Asylbewerberleistungsgesetz und zur Gefahrenabwehr. Die Altersgrenze für den Ehegattennachzug soll bei 18 Jahren liegen.

Von den 180 000 Geduldeten leben etwa 120 000 seit mehr als fünf Jahren in Deutschland, darunter 45 000 Kinder. Wie viele Menschen in den Genuss des Bleiberechts kommen, konnten die Experten noch nicht sagen. Ausländer, die ohne legalen Status in Deutschland leben, werden von der Regelung nicht erfasst. Sozialverbände und die Opposition kritisierten die Regelung als zu restriktiv.

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