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Politik: 20 000 Mann einberufen - Grosny gerät zunehmend unter Kontrolle

Der amtierende russische Präsident Wladimir Putin hat am Mittwoch 20 000 Reservisten zum Militärdienst ein berufen. Aus seinem Erlass ging nicht hervor, wo die Reservisten eingesetzt werden sollen.

Der amtierende russische Präsident Wladimir Putin hat am Mittwoch 20 000 Reservisten zum Militärdienst ein berufen. Aus seinem Erlass ging nicht hervor, wo die Reservisten eingesetzt werden sollen. Beobachter sahen in der Mobilisierung ein mögliches Zeichen dafür, dass der Krieg in Tschetschenien wesentlich höhere Verluste als bisher offiziell eingestanden gefordert hat und Soldaten an der Front knapp geworden sind.

Nach dem weitgehenden Abzug der tschetschenischen Rebellen aus Grosny bringen die russischen Einheiten die Hauptstadt nach und nach unter ihre Kontrolle. Bei ihrem vorsichtigen Einmarsch in die praktisch verlassene Geisterstadt trafen die Soldaten am Mittwoch nur auf vereinzelten Widerstand von Heckenschützen. Bis zum Nachmittag kontrollierten die Moskauer Truppen rund die Hälfte von Grosny. Nach fünf Wochen erbitterten Widerstands hatten die Rebellen die Stadt am Vortag verlassen. Am Mittwoch nahmen die Gefechte im gebirgigen Süden der Kaukasusrepublik zu. Nach Ansicht von US-Außenministerin Albright leistet der Tschetschenien-Krieg dem Extremismus im Kaukasus Vorschub.

Nach russischen Militärangaben kämpften noch rund 200 tschetschenische Rebellen in Grosny. Die endgültige Einnahme der Stadt sei nur eine "Frage von Tagen", teilte der Generalstab mir. Hubschrauber überflogen am Mittwoch die Stadt, in der praktisch kein Gebäude unversehrt blieb. Auf ein Haus im Zentrum hatten die Rebellen "Wir kommen zurück" geschrieben. Auf zahlreichen weiteren Ruinen wurden die Russen darauf aufmerksam gemacht, dass in den Kellern noch Menschen leben. Zunächst war unklar, wie viele Zivilisten sich noch in der Stadt aufhalten. Die Tschetschenen wollen am Dienstag rund 2000 Kämpfer abgezogen haben.

Nach Angaben des tschetschenischen Vize-Präsidenten Wacha Arsanow griffen die Moskauer Truppen im Süden Tschetscheniens nahe der Ortschaft Dubai-Jurt drei Stützpunkte der Rebellen an. Die Attacken in der Gebirgsregion seien jedoch zurückgeschlagen worden. Nach ergänzenden tschetschenischen Angaben wollen sich die Rebellen tiefer in den Süden der Kaukasusrepublik zurückziehen, wo sich Schätzungen zufolge bereits rund 5000 Kämpfer konzentriert haben sollen.

Die russische Militärführung kündigte an, weitere 3500 Elitesoldaten würden in die Kaukasusrepublik verlegt. Mit diesen Fallschirmjägern wären insgesamt 8000 russische Elitesoldaten in Tschetschenien im Einsatz. Insgesamt befinden sich 93 000 Armee-Soldaten und Truppen des Innenministeriums in der Republik.

Die Kämpfe in Tschetschenien wirkten wie ein Magnet für Extremisten, warnte Albright am Mittwoch in einer Moskauer Diplomatenschule. Militärisches Vorgehen in Tschetschenien könne keine Grundlage für dauerhaften Frieden schaffen, ergänzte die US-Außenministerin und forderte erneut eine politische Lösung.

Albright bezeichnete Übergangs-Staatschef Wladimir Putin nach einem Gespräch im Kreml als einen Patrioten mit "praktischen Ansichten". Putin sei ein "sehr gut informierter Politiker, ein hervorragender Verhandler und ein russischer Patriot." Der frühere Geheimdienstchef suche bei Problemen immer nach den Lösungsansätzen. Albright war die erste ranghohe US-Politikerin, die seit Putins Ernennung zum Präsidenten mit ihm zusammentraf.

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