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First Lady Michelle Obama spricht in New Hampshire.

© dpa

24 Tage bis zur US-Wahl: Michelle Obama for President?

Die First Lady hat eine fulminante Rede gegen Donald Trump gehalten. Das macht sie nicht gleich zu einer besseren Kandidatin als Hillary Clinton. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Christoph von Marschall

Michelle Obama hat in New Hampshire eine viel beachtete Rede gehalten. Die Nation dürfe Donald Trumps frauenfeindliche Bemerkungen nicht als bedauerliche Entgleisung abtun. Hier stelle sich die grundlegende Frage: Was für einen Typus Mensch die Amerikaner im Weißen Haus sehen wollen? Nun überlegen viele Demokraten und Kommentatoren: Wäre sie eine bessere Kandidatin als Hillary Clinton?

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Beide Lager würden ihre Spitzenkandidaten am liebsten auswechseln

Auf den ersten Blick erinnert die Wendung an die Unzufriedenheit der Republikaner mit Donald Trump. Seit sein Frauenbild und sein Prahlen mit sexueller Nötigung zum öffentlichen Thema geworden sind, wünschen sich viele Konservative einen klaren Schnitt. Kann man ihn nicht zum Rücktritt bewegen und Vize Mike Pence zum Kandidaten machen?

Die Zweifel, ob die Basis in den Vorwahlen die richtige Person gekürt hat, verbinden beide Parteien. Sie sollten auch eine Warnung an diejenigen in Deutschland sein, die mehr Basisdemokratie fordern. 60 Prozent der Amerikaner halten Trump für ungeeignet. 57 Prozent sagen, sie hätten kein Vertrauen zu Clinton. Wie konnte es dazu kommen, dass zwei Bewerber, die zu den unbeliebtesten im Land gehören, durch Mehrheitsentscheidung der Bürger zu Spitzenkandidaten gewählt wurden? Basisdemokratie bringt nicht immer die erhofften Ergebnisse.

Michelle verkörpert die Sehnsucht nach sauberer Politik

Ansonsten hat die neue Begeisterung für Michelle statt Hillary andere Hintergründe. Die First Lady verkörpert die Sehnsucht nach einer saubereren Politik. Nach einer Auseinandersetzung, die sich nicht in schmutzigen persönlichen Angriffen wegen Lügen, sexuellen Übergriffen, Korruption, Betrug erschöpft. Sondern dem Land den Weg in eine bessere Zukunft weist und Amerikas Ideale anspricht.

„When they go low, we go high“, empfahl Michelle Obama in ihrer – ebenfalls hoch gelobten – Rede auf dem Nominierungsparteitag der Demokraten Ende Juli in Philadelphia. Sie ist eine so ungewöhnlich effektive Wahlkampfhelferin erst für ihren Mann und nun für Hillary Clinton, weil sie nicht in die Niederungen der Alltagspolitik hinabsteigt, sondern auf der wolkigen Höhe der moralischen Prinzipien bleibt. Diese Selbstbeschränkung ist auch die Grundlage ihrer hohen Popularität. Zwei Drittel der Bürger attestieren ihr hohes Ansehen.

"Genug ist genug!"

Ihren Auftritt in New Hampshire hat sie rhetorisch klug eingeleitet: Sie müsse ihre übliche Wahlkampfrede beiseite legen. Was sich gerade in Amerika abspiele, sei so außergewöhnlich, dass sie nicht einfach darüber hinweggehen könne, sagte sie zu Trumps Prahlen mit sexuellen Übergriffen auf Frauen. „Es tut weh, es tut weh“, Trumps Worte hätten sie weit mehr erschüttert, als sie sich habe vorstellen können. Trump spreche über Frauen wie über Freiwild. „Genug ist genug!“

Michelle Obama setzt Maßstäbe und verteidigt sie. Sie hielt die Rede, die Hillary Clinton nicht hätte halten können – oder zumindest nicht mit der selben Glaubwürdigkeit. Schließlich hat ihr Mann Bill Clinton auch ein gewisses sexuelles Jagdverhalten gegenüber Frauen gezeigt.

Ihr Ruf lebt davon, dass sie selbst nicht antritt

Nur: Macht das Michelle Obama zur besseren Präsidentschaftskandidatin? Aus moralischer Perspektive: unbedingt! Politik ist aber mehr als das. Sie bedeutet auch den Kampf um konkrete Projekte. Michelle Obama hat, erstens, bisher stets betont, sie selbst strebe kein politisches Amt an, weil sie Politik für ein schmutziges Geschäft halte und nicht bereit sei, die dafür nötigen Abstriche an ihrer persönlichen Lebensführung zu machen. Zweitens würde die First Lady in dem Augenblick, in dem sie sich in die harte politische Auseinandersetzung um umstrittene Ziele und Projekte begäbe, ihre Hauptanziehungskraft reduzieren: ihre Rolle als überparteiliche moralische Instanz.

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