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Politik: 250 000 Unterschriften gegen Einwanderer Ein Boulevardblatt greift Labours Asylpolitik an – Blair will reagieren

Seit ein illegaler Einwanderer bei einer Anti-Terror-Razzia in Manchester einen Polizisten ermordete, überschlagen sich die Initiativen. Ein Labou-Abgeordneter schlug einen zweijährigen Zuwanderungsstopp vor.

Seit ein illegaler Einwanderer bei einer Anti-Terror-Razzia in Manchester einen Polizisten ermordete, überschlagen sich die Initiativen. Ein Labou-Abgeordneter schlug einen zweijährigen Zuwanderungsstopp vor. Premierminister Blair gab zu, das „etwas getan werden muss“ und kündigte ein „fundamentales Nachdenken“ über Großbritanniens Verpflichtungen aus der europäischen Menschenrechtskonvention an. Am Dienstag schlug die Tory-Opposition vor, Asylbewerber einzusperren, bis sie von den Sicherheitskräften grünes Licht bekommen. „Terroristen nutzen unser chaotisches Asylsystem dazu aus, ins Land zu kommen", klagte Schatten-Innenminister Oliver Letwin.

Auch der Labour-Parteirat diskutierte das Asylthema. Anlass war der Wahltriumph der „Britischen Nationalpartei“ (BNP). Die Rechtsextremisten haben inzwischen fünf Gemeinderatssitze in Nordengland – traditionellem Labourgebiet. Eine Kampagne der „Sun“ machte das Thema ebenfalls aktuell. Die neue Chefredakteurin des Blattes, Rebekah Wade, erhielt von Verleger Rupert Murdoch offenbar grünes Licht, nach fünf Jahren Schonzeit die Labourregierung anzugreifen. 250 000 Unterschriften gegen „Asylantenwahnsinn“ sammelte das Massenblatt – 100 000 mehr als der „Daily Mirror“ gegen einen Irak-Krieg. 80 Prozent der Briten glauben, Zuwanderer würden zu nachgiebig behandelt. Die „Sun“ macht sie für das „alarmierende Anschwellen von ansteckender Tuberkulose, Hepatitis B, unheilbarem Aids und einer brutalen Messerkultur“ verantwortlich.

In den letzten drei Jahren kamen rund 300 000 Asylbewerber nach Großbritannien. Wenn nach durchschnittlich sechs Monaten über einen Antrag entschieden wird, hat das kaum noch Konsequenzen. Die Betroffenen sind untergetaucht und könnten auch aus rechtlichen Gründen kaum abgeschoben werden. Den Plan, mindestens 30 000 Abgewiesene abzuschieben, musste der Innenminister fallen lassen. Nun macht man den Artikel drei der Menschenrechtskonvention verantwortlich dafür, dass algerische Fundamentalisten London zu ihrem Tummelplatz gemacht haben und afghanische Talibankämpfer von britischer Sozialhilfe leben.

Liberale kritisieren Blairs Kommentare zur Menschenrechtskonvention, doch er scheint zu Änderungen entschlossen. Außenminister Jack Straw hatte als Innenminister vor zwei Jahren schon eine Reform des internationalen Asylrechts angeregt – ein fast undurchführbares Vorhaben. Um den Artikel drei der Konvention zu umgehen, müssten die Briten das gesamte Regelwerk des Europarats, das sie erst vor zwei Jahren übernommen haben, wieder aufkündigen. Aussichtsreicher ist da das Werben Londons für ein gesamteuropäisches Asylverfahren.

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