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Zum elften Mal sieht sich Richter Manfred Götzl im NSU-Prozess einem Befangenheitsantrag gegenüber.

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262.Tag im NSU-Prozess: Befangenheit, die elfte

Zum elften Mal sieht sich Richter Manfred Götzl im NSU-Prozess einem Befangenheitsantrag gegenüber. Diesmal weil er die für Angeklagte geltende Unschuldsvermutung in einem Passus aufgehoben haben soll.

Von Frank Jansen

Zehn Befangenheitsanträge hat der Vorsitzende Richter Manfred Götzl im NSU-Prozess bereits überstanden, der elfte jedoch könnte ihm Probleme bereiten. Wie auch den weiteren vier Richtern des 6. Strafsenats am Oberlandesgericht München. Die Verteidiger des Angeklagten Ralf Wohlleben haben am Donnerstag ein Ablehnungsgesuch gegen alle Mitglieder des Senats gestellt, das sich auf einen offenkundigen Fehler der Richter bezieht. Der Strafsenat hatte in einem am Mittwoch von Götzl verkündeten Beschluss die für die Angeklagten geltende Unschuldsvermutung in einem Passus aufgehoben. Bemerkt wurde es von den Verteidigern und offenbar auch von allen anderen Prozessbeteiligten allerdings erst, als ihnen nach dem Verhandlungstag die schriftliche Kopie zuging.

In dem Beschluss wird der Antrag von Nebenklage-Anwälten abgelehnt, einen ehemaligen Beamten des Bundesamtes für Verfassungsschutz als Zeugen zu laden. Der Ex-Referatsleiter hatte im November 2011, kurz nach dem dramatischen Ende der Terrorzelle NSU, eigenmächtig Akten zu V-Leuten mit Bezug zur rechten Szene in Thüringen schreddern lassen. Problematisch im  Beschluss ist der vorletzte Satz. „Die Vernichtung der Akten auf Anordnung des benannten Zeugen erfolgte nach der letzten Straftat der angeklagten Personen“, steht da. Aus Sicht der Verteidiger Wohllebens steht damit für Götzl und seine Kollegen fest, dass die Angeklagten die ihnen vorgeworfenen Straftaten begangen haben. Obwohl die  Beweisaufnahme noch nicht abgeschlossen ist.

Mit dem Satz komme zum Ausdruck, die Richter seien „jetzt schon der Ansicht“, Wohlleben habe die ihm vorgeworfenen Taten begangen, trug dessen Verteidiger Olaf Klemke in der Begründung des Befangenheitsantrags vor. Damit sei belegt, dass die Richter „entgegenstehenden Beweisergebnissen“ nicht mehr offen gegenüberstünden. Götzl und seine Kollegen seien nicht mehr die vom Gesetz geforderten unvoreingenommenen und unparteilichen Richter. Aus den Reihen der Opfer-Anwälte kam Widerspruch. Der Befangenheitsantrag sei unbegründet, weil es in dem Passus auch heiße, „Straftaten, die den Angeklagten zur Last gelegt würden“, sagte ein Anwalt.

Richter Manfred Götzl reagierte auf den Antrag gewohnt stoisch. Er setzte die Hauptverhandlung fort und befragte eine Zeugin zu einem Banküberfall des NSU in Zwickau.

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