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Das zerstörte Haus des NSU-Trios. Hier lebte auch die 89-jährige Tante der Zeugin.

© Picture Alliance / dpa

29. Verhandlungstag im NSU-Prozess: Das Drama der Rentnerin

Eine 89-jährige Frau lebte im gleichen Haus wie die Terrorzelle in Zwickau. Die schwerhörige Frau bekam das von Beate Zschäpe gelegte Feuer zunächst nicht mit. Die Bundesanwaltschaft wirft Zschäpe versuchten Mord vor.

Von Frank Jansen

Es scheint in diesem monströsen Verfahren nur eine kleine Geschichte zu sein, doch auch sie ist tragisch. Am Dienstag hat im NSU-Prozess am Oberlandesgericht München eine Zeugin geschildert, wie ihre hochbetagte Tante durch den von Beate Zschäpe gelegten Brand in der Frühlingsstraße in Zwickau die Wohnung verlor – und ihren Lebensmut. „Sie hat sich nicht richtig wieder erholt“, sagte die Zeugin, „es geht ihr nicht besonders gut“. Die Tante war 89 Jahre alt, als Zschäpe in der Nachbarwohnung am 4. November 2011 literweise Benzin verschüttete und anzündete. Eine Explosion erschütterte das Haus, dann folgte das Feuer. Mit viel Glück und dank der schnellen Hilfe von Verwandten entkam die Greisin dem Inferno.

Die Tante sei von einem Tag auf den anderen obdachlos geworden, sagte die auch in der Frühlingsstraße wohnende Nichte. „Das war ihre Traumwohnung“, sagte die Zeugin. Als die alte Frau am Abend begriffen habe, was geschehen sei, „fing sie an zu zittern und wir mussten einen Notarzt holen“. Er verhinderte einen Zusammenbruch.

Sie wollte ihren Lebensabend in Zwickau verbringen

Die aus Zwickau stammende Tante hatte 50 Jahre in Dortmund gelebt und war 2007 in die sächsische Stadt zurück gekommen, um hier, nahe bei den Angehörigen, ihren Lebensabend zu verbringen. Nach dem Brand ließ die Stadt Zwickau die Hausruine abreißen, um zu verhindern, dass sie ein Wallfahrtsort für Neonazis wird. In der Frühlingsstraße 26 hatte sich Beate Zschäpe gemeinsam mit Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt seit 2008 versteckt.

Die Tante habe sich in einer neuen Wohnung nicht wohlgefühlt und lebe jetzt in einem Seniorenheim, sagte die Zeugin. „Sie hat überhaupt keine Kraft mehr zu laufen, seit damals ist die ganze Energie raus“. Die Tante spreche ständig von ihrer schönen Wohnung. Dann kam noch hinzu, dass sich die alte Frau im vergangenen Jahr einer Herzoperation unterziehen musste. Ob es auch da einen Zusammenhang mit dem nicht zu verwindenden Verlust der Wohnung gibt, sagte die Zeugin nicht.

Die schwerhörige Frau hörte die Explosion nicht

Aus Sicht der Bundesanwaltschaft hat sich Zschäpe mit dem Feuer nicht nur einer besonders schweren Brandstiftung schuldig gemacht, sondern auch des versuchten Mordes an der Greisin. Die Nichte und ihre in der Nähe lebende Schwester waren nach der Explosion zu der Wohnung der Tante geeilt und konnten sie noch vor Eintreffen der Feuerwehr retten. Die schwerhörige Frau hatte die Explosion in der Nachbarwohnung nicht mitbekommen und sich nur gewundert, dass es in ihrer Wohnung verbrannt roch. Als das Benzin mit einem dumpfen Knall verpuffte, war die Druckwelle so stark, dass sich in der Wand zur Wohnung der alten Frau Risse bildeten.

Zschäpe schien die Aussage der Zeugin unangenehm zu sein. Die Hauptangeklagte blickte an die Decke, dann verschränkte sie die Arme. Und sie blieb auch diesem Prozesstag, dem 29., stumm.

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