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Erst waren sie Rivalen. Dann stand Bernie Sanders im Endspurt des Wahlkampfs an Hillary Clintons Seite. Jetzt macht er Donald Trump Angebote.

© REUTERS

3 Tage nach der Wahl: Bernie Sanders bietet Trump Unterstützung an

Von Populist zu Populist: Wenn der gewählte Präsident das Leben der Arbeiterfamilie ernsthaft verbessern will, "werde ich mit ihm zusammenarbeiten". Ein Kommentar

Ein Kommentar von Christoph von Marschall

Im gewohnten politischen Schema liegt ein Riesenabstand zwischen dem linken Populisten Bernie Sanders und dem rechten Populisten Donald Trump. Sanders wird linksaußen verortet, dann kommen halblinks die moderaten Demokraten und Hillary Clinton, halbrecht die moderaten Republikaner, schließlich rechtsaußen Trump.

Sie benutzten das selbe Vokabular: Die USA sind "rigged"

In der Realität liegen die Dinge etwas anders. Sanders und Trump haben um ganz ähnliche Wählergruppen geworben - vielleicht sollte man sogar sagen: um identische. Nämlich um die weißen Familienväter, die sich als Verlierer des Strukturwandels sehen. Sie leben in den ehemals stolzen Industrieregionen, aus denen in der Globalisierung ein "Rust Belt" wurde. Sanders und Trump benutzten sogar das selbe Vokabular. Amerikas Wirtschaftssystem sei "rigged": manipuliert zu Gunsten der Reichen und zu Lasten der Arbeiter. Sie führten ihre Kampagnen gegen das Establishment und erklärten sich Robin-Hood-mäßig zu den Verteidigern der Entrechteten.

Im Wahlkampf schlugen sie freilich verbal aufeinander ein, so als läge die größtdenkbare inhaltliche Distanz zwischen ihnen. Sanders wahrte damit auch die Parteidisziplin. Bis in die letzten Tage vor der Wahl unterstützte er Clinton, trat bei ihren Veranstaltungen auf und warb darum, dass seine Fans ihr die Stimme geben.

Doch nun, nachdem die Entscheidung gefallen ist, treten die inhaltlichen Ziele wieder nach vorn. Und siehe da, Sanders und Trump sind sich näher, als sagen wir: Sanders und Clinton. Oder auch als: Trump und das republikanische Establishment. "Donald Trump hat den Zorn einer Mittelklasse, die zurückfällt, aufgenommen", sagte Sanders am Donnerstag. "Einer Mittelklasse, die die gewohnten Ratschläge des ökonomischen Establishments, des politischen Establishments und der etablierten Medien krank machen."

Im Wahlkampf galt rechts gegen links, im Alltag gilt unten gegen oben

Sanders bot an: "Wenn Mr. Trump ernsthaft eine Politik verfolgt, die das Leben der Arbeiterfamilien in unserem Land verbessert, dann bin ich und sind andere progressive Kräfte bereit, mit ihm zusammen zu arbeiten."

Einen Blankoscheck stellt Sanders nicht aus. "Falls Trump hingegen eine rassistische, sexistische, fremdenfeindliche und umweltschädliche Politik verfolgt, werde ich mich energisch widersetzen."

Der parteipolitische Wahlkampf folgte dem Schema rechts-links. In Wahrheit geht es 2016 ebenso sehr - oder sogar mehr noch um die Auseinandersetzung zwischen denen, die ökonomisch unten sind, und denen, die wirtschaftlich obenauf sind.

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