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Eskalation in der Kälte. Allein in Moskau nahm die Polizei 1300 Personen fest.Foto: dpa

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Politik: 3000 Festnahmen in Russland

Putin beklagt ethnisch motivierte Gewalt

Moskau kommt nicht zur Ruhe. Den schweren Auseinandersetzungen am vergangenen Wochenende folgten am Samstag neue Krawalle. Um den eigentlichen Anlass, den Tod eines Moskauer Fußballfans nach einem Streit mit einer Gruppe Kaukasier, geht es dabei längst nicht mehr. Selbst Präsident Dmitri Medwedew und Premierminister Wladimir Putin sprechen inzwischen von ethnisch motivierter Gewalt. Um eine weitere Eskalation zu verhindern, nahm die Polizei am vergangenen Wochenende landesweit etwa 3000 Ultranationalisten und Gastarbeiter aus dem Nordkaukasus in Gewahrsam. Allein in Moskau wurden über 1300 Menschen festgenommen.

Zum Eingreifen genötigt sahen sich Ordnungskräfte vor allem, nachdem sich am Samstagabend vor dem Gebäude des Staatsfernsehens Rechtsextremisten zu einer Protestkundgebung zusammengerottet hatten. Das Treffen war zwar von den Behörden genehmigt worden, artete aber schnell in blindwütige Randale aus. Die etwa 500 Teilnehmer grölten fremdenfeindliche Parolen, dann zündeten Maskierte Feuerwerkskörper. Die Polizei löste die Veranstaltung daraufhin auf. Wie ein Polizeisprecher der staatsnahen Moskauer Nachrichtenagentur Interfax sagte, seien unter den Festgenommenen viele Schüler, die jüngsten davon nicht einmal 14 Jahre alt, gewesen.

Präsident Medwedew hatte in der vergangenen Woche angekündigt, die Ordnungskräfte würden gegen Gewalt mit allen vom Gesetz erlaubten Mitteln vorgehen. Ähnlich hatte sich auch Moskaus neuer Oberbürgermeister Sergej Sobjanin geäußert und die Polizei für das Wochenende in volle Alarmbereitschaft versetzt. Setzten die Randalierer zunächst auf offenen Kampf mit den Ordnungskräften, bevorzugen sie inzwischen Flashmobs: Hunderte Menschen finden sich dazu zu einer bestimmten Zeit an einem bestimmten Ort ein, zeigen kurz Präsenz und zerstreuen sich wieder, bevor die Polizei zugreifen kann und überhaupt vor Ort ist. Tatort und -zeit werden per SMS und Skype bekannt gegeben, in der irrigen Annahme, Internettelefonie könne nicht abgehört werden. Die Randalierer würden sich laut Polizei mit den neuen Medien bestens auskennen und seien daher auch glänzend vernetzt.

Premierminister Putin sprach gestern zwar von einem beunruhigenden Signal, sieht in den Ultranationalisten jedoch keine „verlorene Generation“. Bei seiner Bürgersprechstunde am Donnerstag hatte er die Hauptschuld für die Krawalle der liberalen Opposition gegeben. Diese würde mit nicht genehmigten Protesten ein schlechtes Beispiel geben.

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