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Das Modell des Siegerentwurfs des Basler Architekturbüros Herzog und de Meuron für das Museum des 20. Jahrhunderts am Kulturforum.

© Jens Kalaene/zb/dpa

364 Millionen für das Museum der Moderne: Berlins Museen sind kein Ruhmesblatt für die Hauptstadt

Das Museum der Moderne wird immer teurer. Dabei bleiben Berlins Museen aktuell den Beweis schuldig, dass sie ganz vorne mitspielen. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Frederik Hanssen

Sie hätten auch Nein sagen können, die Mitglieder im Haushaltsausschuss des Bundestages. Nein zu den 364 Millionen Euro, die das Museum der Moderne in Berlin nun kosten soll. 2014 hatte das Gremium Kulturstaatsministerin Monika Grütters 200 Millionen für das Projekt bewilligt. Vor dem ersten Spatenstich, der noch in diesem Jahr erfolgen soll, stiegen die prognostizierten Ausgaben für den Bau um mehr als zwei Drittel. Auf die noch 86 Millionen als Finanzpuffer für Unvorhergesehenes drauf kommen. Plus die Erfahrung, dass auf der Endabrechnung solcher Prestigebauten äußerst selten draufsteht, was ursprünglich avisierst war.

Aber der Haushaltsausschuss hat sich für das Museum der Moderne entschieden. Koste es, was es wolle. Schließlich bauen hier die Schweizer Stararchitekten Herzog & de Meuron, bekannt durch die exorbitant teure Hamburger Elbphilharmonie. Die Kassandrarufe derer, die das nächste architektonische Fass ohne Boden sehen, ein weiteres Millionengrab im Namen der Kunst, sie werden so lange übers Kulturforum hallen, bis das Haus eröffnet, in hoffentlich sieben Jahren. Und vielleicht werden die Schwarzseher dann sogar triumphieren.

Jenseits der Geldfrage aber gibt es noch eine andere Herausforderung: Wenn das Museum der Moderne fertig ist, muss die Stiftung Preußischer Kulturbesitz als Hausherrin liefern. Dann ist Payback-Zeit. Dann müssen die Berliner Museen den Beweis antreten, dass sie ganz vorne mitspielen. Derzeit sieht es eher trübe aus in der Hauptstadt. Wer die Top-Ausstellung zu El Greco sehen will, muss nach Paris pilgern, wer Leonardo da Vinci nahe kommen möchte, nach London. Die Hamburger Deichtorhallen locken mit einer fantastischen Quadrupel- Schau zu Richter, Kiefer, Polke und Baselitz, in Potsdam glänzt das Museum Barberini mit van Goghs Stillleben.

Ein Blick auf die klassische Musik in Berlin zeigt, wie es gehen kann

Und was bietet Berlin? „Die Armbrust – Schrecken und Schönheit“ im Deutschen Historischen Museum, einen „Garten der irdischen Freuden“ im Gropius Bau, „Zeit für Fragmente“ im Hamburger Bahnhof und den „Barbarenschatz von Neupotz“ im Neuen Museum. Gerade die Stiftung Preußischer Kulturbesitz macht schon länger den Eindruck, dass sie vor allem mit sich selber und der maroden Bausubstanz ihrer Häuser beschäftigt ist. Sodass kaum noch Zeit bleibt für ein Nachdenken über die Präsentation von Meistern, die die Massen begeistern.

Um Zielgruppen jenseits der bildungsbürgerlichen Stammklientel zu erreichen, braucht es aber mehr als kluge Erkundungen der eigenen Bestände unter Detailaspekten. Da ist funkelnde Fantasie gefragt beim Füllen der architektonischen Hüllen, Glanz in der Hütte – und erst Recht in einer Scheune, die mindestens 450 Millionen Euro teuer wird.

Ein Blick auf die klassische Musik in Berlin zeigt, wie es gehen kann. Durch die Eröffnung des Pierre Boulez Saals vor zweieinhalb Jahren hat die Szene einen echten Kreativkick bekommen. Weil die etablierten Institutionen die Herausforderung angenommen haben. Sie sind besser, innovativer, vielfältiger geworden, um in kreative Konkurrenz zur neuen Location treten zu können.

Der Haushaltsausschuss des Bundestages hat einen Scheck auf die Zukunft ausgestellt: Mögen uns ab 2026 beim Betreten des Museums der Moderne die Augen übergehen. Aber nicht wegen der Kosten.

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