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Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und Elke Büdenbender bei der Gedenkfeier zum 40. Jahrestag des rechtsterroristischen Attentats auf das Oktoberfest.

© Sven Hoppe/dpa

40. Jahrestag des Oktoberfestattentats: „Feinde der Demokratie dürfen in der Polizei nicht geduldet werden“

Bundespräsident Steinmeier hat bei der Gedenkveranstaltung zum Kampf gegen Rechts aufgerufen. Söder entschuldigte sich für damalige Versäumnisse.

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat bei einem Gedenken zum 40. Jahrestag des Oktoberfestattentats zum konsequenten Vorgehen gegen Rechtsextremismus in der Polizei aufgerufen.

„Feinde der Freiheit und der Demokratie dürfen in der Polizei nicht geduldet werden. Es muss jede Anstrengung unternommen werden, rechtsextreme Netzwerke zu enttarnen, wo es sie gibt“, sagte Steinmeier am Samstag in München mit Blick auf rechtsextreme Verdachtsfälle bei der Polizei in Nordrhein-Westfalen.

„Der Rechtsextremismus hat tiefe Wurzeln in unserer Gesellschaft“. Er vertraue der Polizei und wisse, was die Beamten leisteten. Sie verdienten Vertrauen. „Die Polizeiführungen und die politisch Verantwortlichen dürfen kein Klima dulden, in dem sie entstehen und von anderen gedeckt werden können“.

Steinmeier warf die Frage nach möglichen sich wiederholenden Defiziten bei der Verfolgung rechtsextremistischer Taten auf. „Sind rechtsextreme Netzwerke in der Strafverfolgung zu selten wahr- und noch seltener ernstgenommen worden?“, fragte Steinmeier.

Steinmeier: Schrecken rechten Terror ist wieder nah

Die Geschichte rechtsextremer Taten lasse zwei Antworten zu. „Entweder hat sich die Erkenntnis, dass auch diese Attentäter ein Umfeld haben, in Netzwerke eingebunden sind oder sich von ihnen inspirieren lassen, erst spät - zu spät - durchgesetzt. Oder, zweite Alternative: Diese Erkenntnis wurde bewusst missachtet.“

Steinmeier verwies auf die jahrelang verkannten Morde der Terrorzelle NSU. Der Schrecken rechten Terrors sei wieder nah, „gerade jetzt, nach dem Mord an Walter Lübcke, nach den Taten von Halle und Hanau“. Fehler müssten erkannt und korrigiert werden - „mit allem Nachdruck und aller Ernsthaftigkeit“, sagte Steinmeier.

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„Wegschauen ist nicht mehr erlaubt.“ Das gelte nach dem Oktoberfestattentat, nach dem NSU-Prozess, nach den Drohschreiben des NSU 2.0, nach Waffenfunden und Feindeslisten sogenannter Preppergruppen mit Verbindungen zu Reservisten der Bundeswehr, nach der Aufdeckung einer rechtsextremen Chatgruppe innerhalb der Polizei in Nordrhein-Westfalen.

Bereits nach den rechtextremistischen Vorfällen bei der Corona-Demo in Berlin hatte Bundespräsident Steinmeier klar Stellung bezogen.

Bei dem schwersten rechtsextremen Anschlag in der Geschichte der Bundesrepublik hatte am 26. September 1980 eine Bombe zwölf Wiesnbesucher sowie den rechtsextremen Bombenleger Gundolf Köhler in den Tod gerissen. Mehr als 200 Menschen wurden verletzt.

Die Bundesanwaltschaft hatte nach neuen Ermittlungen festgestellt, dass Köhler aus rechtsextremistischer Motivation handelte. In den 1980er Jahren war der Anschlag offiziell als Tat eines Einzelnen aus persönlichem Frust dargestellt worden. Das Justizministerium erwägt nun, den Überlebenden mehr Entschädigung zu zahlen.

Überlebende des Oktoberfestattentats hatten vor Steinmeiers Rede zum 40. Jahrestag eindrücklich ihre Geschichte geschildert und zum Kampf gegen Rechts aufgerufen. „Ich möchte endlich wieder auf einen Berg steigen, mit dem Rad um den Starnberger See fahren. Ich möchte einfach nur schmerzfrei drei Stunden durch den Tierpark marschieren oder beschwingt tanzen“, sagte die 73-jährige Renate Martinez am Samstag bei einem Gedenken.

Bayerns Ministerpräsident Söder entschuldigt sich

Am allermeisten aber habe sie sich gewünscht, dass die Täter verurteilt werden „und im Knast landen, wo diese vielfachen Mörder längst hingehören“. Solche Verbrechen dürften nie wieder geschehen. Dimitrios Lagkadinos (57), der beide Beine verlor, mahnte: „Die Weltanschauung des Rechtsextremismus nährt sich aus Hass und Ausgrenzung und geht selten von Einzelnen aus, sondern ist organisiert und vernetzt.“

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) entschuldigte sich für damalige Fehleinschätzungen und Versäumnisse. „Es tut mir leid und ich entschuldige mich für die Fehler, die in den Ermittlungen, aber auch in der Einschätzung zu der Tat gemacht wurden“, sagte Söder am Samstag beim Gedenken auf der Theresienwiese. Er spreche damit als Ministerpräsident und Rechtsnachfolger aller anderen Ministerpräsidenten, aber auch als Verantwortlicher für den Freistaat.

„Wer Rechtsradikale unterschätzt, versündigt sich an der Demokratie“, sagte Söder. Er gebe ein „Schutzversprechen“ ab: „Wir werden nicht zulassen, dass Rechtsextremismus, Hass, Antisemitismus, Rassismus geduldet, akzeptiert oder irgendwie unterschätzt werden.“ Vielmehr werde sich der Freistaat mit ganzer Kraft dagegen stellen. Söder würdigte insbesondere die Opfer - die Angehörigen und Überlebenden. „Wir verneigen uns“, sagte der Ministerpräsident. „Wir werden diesen Tag nie vergessen.“ (dpa)

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