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Vize Mike Pence ersetzt Chris Christie als Chef des "Transition Teams".

© imago/UPI Photo

5 Tage nach der Wahl: Trumps Springprozession: zwei zurück, eins vor

Der neue Präsident wird viele Versprechen nicht einhalten können. Er tarnt sein Zurückweichen mit Symbolpolitik. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Christoph von Marschall

Am Wochenende nach der Wahl gibt Donald Trump erste Hinweise, wie er den Graben zwischen seinen Versprechen und der Wirklichkeit zu überwinden gedenkt. Einen Teil kassiert er ein, und damit das nicht zu sehr auffällt, prescht er bei anderen vor.

Details der Gesundheitsreform will Trump beibehalten

"Repeal Obamacare" - die Gesundheitsreform zurücknehmen: Das gehörte zum Kern nicht nur des Trumpschen, sondern generell des republikanischen Wahlkampfgeheuls. Da gibt es freilich ein Hindernis: Dafür wäre eine Gesetzesänderung möglich - und die gelingt nur, wenn der Präsident, die Mehrheit im Abgeordnetenhaus und 60 von 100 Senatoren gemeinsam agieren. Die Republikaner stellen aber nur 52 Senatoren.

Im ersten Interview nach dem Wahlsieg redet Trump ganz anders über "Obamacare". Im Wahlkampf war alles daran Teufelswerk. Neuerdings erklärt er einzelne Bestandteile für gut und erhaltenswert: die Vorgabe, dass Versicherungen niemanden mehr ablehnen dürfen, weil sie oder er eine "preexisting condition" hat, eine Vorerkrankung, die zu höheren Kosten führen könnte. Und ebenso die Bestimmung, dass Kinder bis in die Ausbildung hinein mit einem Elternteil versichert sein können; seit Obama liegt die Obergrenze bei 26 Jahren.

Chris Christie wird degradiert

Ein anderes Muster im Wahlkampf war: Wenn Trump selbst oder ein enger Verbündeter wegen Verfehlungen unter Druck kam, galt die Devise: keinesfalls Fehler eingestehen, bloß keine Entschuldigung.

Als "President Elect" geht Trump vorsichtiger vor. Chris Christie, den er zum Chef der "Transition" - aller Operationen in der Übergangszeit zwischen Wahlsieg und Amtseinführung im Januar, inklusive der Vorauswahl des Regierungspersonals - ernannt hatte, ist unter Druck wegen des "Bridge Scandal": In seinen Amtsjahren als Gouverneur von New Jersey haben Mitarbeiter künstliche Staus verursacht, damit unbotmäßige Lokalpolitiker den Zorn der Bürger zu spüren bekommen. Jetzt erreicht der Skandal, der bereits Mitarbeiter das Amt gekostet hatte, auch Christie. Und Trump deckt ihn nicht etwa nach dem alten Muster. Christie wird degradiert. Im "Transition Team" geben jetzt der künftige Vizepräsident Mike Pence und Trumps enge Familie den Ton an. Das könnte generell heißen: Trump nimmt bei seiner Personalpolitik weniger Rücksicht auf die Wegbegleiter aus dem Wahlkampf.

Chefberater für Umweltpolitik wird ein Leugner des Klimawandels

Trump weicht also gleich zwei Mal zurück. Damit das aber nicht zu sehr auffällt und als Schwäche verstanden wird, prescht er bei einem anderen emotionalen Thema vor: Obamas Politik in Sachen Klimawandel und Kohlekraftwerke. Trump betraut Myron Ebell mit dem Thema. Ebell gilt als prominenter Vertreter der Fraktion, die Klimawandel zu einer Erfindung liberaler Wissenschaftler und Medien erklärt. Wird Ebell am Ende gar Chef der Umweltbehörde EPA?

Zwei Mal zurückweichen, einmal vorpreschen - diese Trumpsche Form einer Springprozession könnte auch auf anderen Gebieten zum Schema werden, um die Kluft zwischen der Fantasiewelt des Wahlkampfs und der politischen Realität zu schließen. Von Kallstadt in der Pfalz, woher Trumps Großvater stammt, nach Echternach, das für seine Springprozession berühmt ist, sind es nur rund hundert Meilen.

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