zum Hauptinhalt
Die Bundesnetzagentur - hier steht ein Mann vor dem Gebäude in Mainz - versteigert von Dienstag an 41 Frequenzblöcke an verschiedene Anbieter.

© Boris Roessler/dpa

5G-Versteigerung: Deutschland braucht endlich ein Digitalministerium

In Sachen 5G herrscht allgemeine Rat- und Lustlosigkeit. Die Bundesregierung droht die Zukunft auf einem entscheidenden Feld zu verspielen. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Ariane Bemmer

Die Versteigerung der 5G-Lizenzen, die am Dienstag beginnt, findet auf einem ehemaligen Kasernengelände statt. Das passt insofern gut, als dass es dabei im übertragenen Sinne tatsächlich um ein potenziell kriegsentscheidendes Thema geht. Nämlich die Frage, wie Deutschland sich in einer aggressiver werdenden Globalkonkurrenz für die Zukunft wappnet.

5G ist zunächst nicht für Privatkunden konzipiert und bedeutend, sondern für die Industrie. Sie braucht den neuen Netzwerkstandard für die Großinnovationsfelder computergesteuertes Fahren, Internet der Dinge, Arbeit 4.0, Telemedizin – alles Themen, die sich irgendwann einmal tief hinein in den Alltag aller auswirken werden. Wenn Deutschland seine Stellung als führende Industrienation gegen den Trend zur Krise aufrechterhalten will, muss allergrößtes Interesse daran bestehen, diese Infrastruktur maximal leistungsfähig und maximal angriffssicher zu bekommen.

Allerdings ist ein diesem Anspruch angemessenes Auftreten der Bundesregierung nicht wirklich auszumachen. Eher macht sie einen etwas aufgeschreckten Eindruck, als falle ihr erst jetzt so richtig auf, um was es gerade geht. Daraus resultierte dann augenscheinlich statt fieberhafter Nachholanstrengungen eine wabernde Rat-, wenn nicht gar Lustlosigkeit am ganzen Thema.

5G wurde mal als technologisches, mal als wirtschaftliches, mal als politisches Problem adressiert. Zwar mangelt es nicht an Experten- und Sonder- und Digitalgremien, aber hörte man von dort entschlossene Marschempfehlungen? Es fehlt offenbar an Angriffslust. Das dürfte zum erschlafften Spirit einer alternden Gesellschaft passen – ignoriert aber die Herausforderungen dessen, was sich am Horizont zusammenbraut.

Öffentlich wurde vor allem die Vertrauenswürdigkeit von Huawei diskutiert, des chinesischen Netzwerkanbieters, der im Verdacht steht, Handlanger der Regierung in Peking zu sein, und dessen Ausschluss aus der Vergabe – auch ohne handfeste Beweise. Huawei steigert zwar nicht selbst mit, bietet aber die benötigte Netzwerktechnik, ist also mittelbar beteiligt. Irritierenderweise warnen vor allem diejenigen vor einem Ausschluss von Huawei auf Verdachtsbasis, die bei der Verschärfung von Polizeigesetzen zur Gefahrenabwehr gern auf Verdachtsbasis inhaftieren lassen wollen.

Geht es um Trump oder die Zukunft?

Noch verwirrender wurde die Debatte nach rüden Drohungen der US-Administration in Sachen Huawei gegen Deutschland. Danach schien es in der Debatte eher um die Klärung des Verhältnisses zu Donald Trump zu gehen. Als Konsequenz aus der möglichen Spionagegefahr durch Huawei bauen die USA bei ihrer 5G-Revolution nun auf die europäischen Konzerne Ericsson und Nokia. Und Deutschland scheint sich vor allem durch Mahnungen von immer noch befreundeten Nationen attackiert zu fühlen und die möglicherweise viel größere Bedrohung zu verkennen. Das kann man absurd finden.

Vor diesem Hintergrund erweist es sich offenbar doch als falsche Strategie, dass die „Digitalkompetenz“ der Regierung auf viele Schultern verteilt wurde. So ist niemand wirklich zuständig, und es muss sich niemand verantwortlich fühlen. Ein Digitalministerium ist dringender denn je nötig, zumindest als ein erkennbar zentraler Ort, an dem Zukunft nicht befürchtet wird – sondern angepackt. Es gibt auch in Deutschland Menschen, die das können und wollen.

Zur Startseite