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Kommunen dürfen keine privaten Dienstleister zur Verkehrsüberwachung einsetzen.

© Bernd Wüstneck/dpa

700.000 ungültige Knöllchen: Verwarngelder für Falschparker in Frankfurt am Main rechtswidrig

Die Stadt beschäftigt private Dienstleister als Hilfspolizisten. Die Praxis hat das Oberlandesgericht Frankfurt für gesetzeswidrig befunden.

Private Dienstleister dürfen nicht im städtischen Namen Verwarngelder gegen Falschparker verhängen. Sämtliche Verwarngelder, welche die Stadt Frankfurt am Main seit 2018 ausstellte, erklärte das dortige Oberlandesgericht (OLG) für ungültig, wie es am Montag mitteilte.

Die Stadt beschäftigt demnach ausschließlich private Dienstleister als Hilfspolizisten. Insgesamt geht es allein im Jahr 2018 um 700.000 Parkverstöße mit einem Sanktionswert von über zehn Millionen Euro.

Geklagt hatte ein Autofahrer, gegen den der Oberbürgermeister der Stadt Frankfurt als Ortspolizeibehörde wegen unerlaubten Parkens in einem eingeschränkten Halteverbot ein Verwarngeld in Höhe von 15 Euro verhängt hatte. Das Amtsgericht bestätigte das Verwarngeld und berief sich auf einen Zeugen, der als Leiharbeiter eines privaten Dienstleisters von der Stadt als Stadtpolizist bestellt worden war.

Dieses Urteil hob das OLG mit seiner Entscheidung auf und erklärte die Praxis, private Dienstleister zur Verkehrsüberwachung des ruhenden Verkehrs einzusetzen, für gesetzeswidrig. Nur der Staat, konkret die Polizei, habe das Recht, Ordnungswidrigkeiten zu ahnden. Das beziehe sich sowohl auf den ruhenden als auch den fließenden Verkehr.

Privatpersonen dürfen nicht zu Hilfspolizisten werden

Das hessische Innenministerium hatte auf Bitte des OLG erklärt, dass die Stadt Frankfurt für die Kontrolle des ruhenden Verkehrs Leiharbeiter einer privaten Firma auf Stundenbasis einsetze. Die Leiharbeitskräfte seien durch das Regierungspräsidium Darmstadt zu Hilfspolizisten bestellt worden.

Argumentiert wurde damit, dass laut hessischem Landesgesetz Hilfspolizisten im Rahmen ihrer Aufgaben die Befugnisse von Polizeibeamten hätten. Nach Angaben des Innenministeriums gebe es neben Frankfurt noch weitere Kommunen in Hessen, die die Verkehrsüberwachung an Leiharbeitskräfte übertragen hätten.

Diese Praxis erklärte das OLG für gesetzeswidrig. Die Verpflichtung, Verstöße im ruhenden Verkehr zu ahnden, sei hoheitliche Aufgabe, die nicht von privaten Dienstleistern übernommen werden dürfe. Die Bestellung von Privatpersonen zu Hilfspolizisten der Ortspolizeibehörden sei verboten, urteilten die Richter.

Staat darf keine Leiharbeiter beschäftigen

Die Stadt Frankfurt habe keine Berechtigung, die Verkehrsüberwachung auf Dritte zu übertragen. Ein Leiharbeiter werde nicht Bediensteter der Stadt Frankfurt und könne daher auch nicht Stadtpolizist werden. Ein Wirtschaftsunternehmen dürfe Leiharbeiter beschäftigen, der Staat nicht.

Darüber hinaus sei das Regierungspräsidium in Darmstadt für die Bestellung einer Privatperson zum Stadtpolizisten nicht zuständig. Das Gesetz, auf das sich die Behörden in ihrer Argumentation berufen hätten, erfülle als Landespolizeigesetz nicht die Voraussetzungen für eine Ermächtigungsnorm. Das Polizeirecht der Länder könne eine in Bundesgesetzen geregelte Kompetenzzuweisung nicht umgehen.

Das Landesgesetz sehe vor, dass die jeweilige Behörde für die ihr übertragenen polizeilichen Tätigkeiten Bedienstete der jeweils nachgeordneten Behörden als Hilfspolizisten bestellen können. Das habe die Stadt Frankfurt nicht getan.

Stattdessen seien Leiharbeiter der Privatfirma in einer Polizeiuniform aufgetreten. Dadurch sei der „täuschende Schein der Rechtsstaatlichkeit“ aufgebaut worden. (AFP)

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