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Politik: Aber mit deutschen Universitätstiteln ist international kein Staat mehr zu machen (Meinung)

Es gab einmal die begründete Aussicht, dass im November die Konzeption für die große Hochschulreform auf dem Tisch liegen würde. Das hat sich zerschlagen.

Es gab einmal die begründete Aussicht, dass im November die Konzeption für die große Hochschulreform auf dem Tisch liegen würde. Das hat sich zerschlagen. Der Wissenschaftsrat hat für seine Pläne keine Mehrheit erhalten - weder von den Wissenschaftlern noch von den Ländervertretern. Was kann man von einer Vertagung in den Januar überhaupt erwarten? Warum braucht man erneut Wochen, wenn der Wissenschaftsrat über die Frage der großen Hochschulreform mit Bachelor und Master schon über ein Jahr nachdenkt? Bisher geht er davon aus, dass langfristig die Bachelor- und Masterabschlüsse die deutschen Magister- und Diplomexamina ersetzen sollen.

Das hat die Traditionswächter der Universitäten, die Fakultätentage, alarmiert. Sie erklärten, durch die Einführung von Bachelor- und Masterstudiengängen drohe die Kannibalisierung der Magister- und Diplomstudiengänge. Das ist die Sprache von Demagogen, die keiner Reform eine Chance bieten wollen. Aber mit den deutschen Magister- und Diplomstudiengängen ist international kein Staat mehr zu machen. Die Zeiten sind vorbei, da der deutsche Diplomingenieur und Diplomnaturwissenschaftler weltweit ein Begriff waren. Die jungen Studenten in Asien, Lateinamerika und Afrika, die es für ein Studium in Deutschland zu gewinnen gilt, orientieren sich an den Mastertiteln.

Niemand kann erklären, wie mit unseren Magister- und Diplomstudiengängen so radikale Verkürzungen der Studien- und Qualifikationszeiten zu erreichen sind, damit Deutsche auf dem internationalen Arbeitsmarkt konkurrenzfähiger werden. Mit sechs Jahren Studiendauer und dem hierzulande üblichen Alter von 28 Jahren beim Berufsstart wird man bald den Bewerbern aus dem Ausland unterlegen sein. Die Hochschulen sind auch nicht in der Lage, ein Konzept dafür zu entwickeln, wie sie künftig Massenausbildung mit Eliteausbildung vereinen wollen.

Für die zentralen Probleme hat der Wissenschaftsrat ein Konzept in der Schublade. Es muss nur beschlossen und entschlossen umgesetzt werden! Das Konzept sieht einen neuen Rhythmus vor: drei Jahre Studium bis zum Bachelor-Abschluss, zwei Jahre Studium bis zum Master, drei Jahre bis zur Promotion, danach sechs Jahre Weiterqualifikation bis zur Erstberufung zum Professor mit 35 Jahren. Die Masse der Studenten soll nach dem Bachelor die Hochschulen verlassen und sich im Beruf bewähren, ehe eine Weiterbildung zum Master möglich wird. Nur für 20 bis 30 Prozent der Besten wird direkt nach dem Bachelor ein Masterstudium erlaubt.

Ob eine Neukonzeption von den Unis gewollt ist, ist fraglich. Ob die Politiker den Mut aufbringen, eine solche Reform gegen den Willen der Hochschulen durchzusetzen, ist noch fraglicher. Alles sieht nach einer Reformdiskussion ohne Ende aus.

Uwe Schlicht

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