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Politik: Abgedreht

In Ankara schwärmt sogar die Frau des Premiers von dem Streifen, der Außenminister distanziert sich

Mit Verwunderung und Unverständnis beobachtet die türkische Regierung, dass der türkische Actionfilm „Tal der Wölfe“ wegen seiner antiamerikanischen Tendenzen im Westen immer mehr zum Politikum wird. Mit Blick auf die Forderung des bayerischen Ministerpräsidenten Edmund Stoiber (CSU) nach Entfernung des Films aus deutschen Kinos hieß es am Sonntag in Regierungskreisen in Ankara, man solle den Film nicht so ernst nehmen. Angesichts der im Streit um die Mohammed-Karikaturen immer wieder erhobene Forderungen des Westens nach Meinungsfreiheit sei Stoibers Haltung zudem „sehr merkwürdig“.

Trotz oder gerade wegen seines simplen Strickmusters – gute Türken gegen böse Amerikaner – hat „Tal der Wölfe“ in der Türkei eingeschlagen wie bisher kein anderer Film. Zwei Wochen nach dem Kinostart haben sich 3,1 Millionen Menschen in der Türkei „Tal der Wölfe“ angesehen, in fast 500 Kinos wird er gezeigt. Auch bei Türken in Deutschland, Österreich und den Niederlanden ist der Film ein Hit.

„Tal der Wölfe“ trifft offenbar nicht nur bei türkischen Normalbürgern einen Nerv. Als der Film bei einer Gala in Ankara vorgestellt wurde, lobten Spitzenpolitiker wie Parlamentspräsident Bülent Arinc den Actionfilm in den höchsten Tönen. Industrieminister Ali Coskun sagte voraus, der Film werde in die türkische Kinogeschichte eingehen, und fügte hinzu: „Möge Allah die Türken schützen.“ Die Ehefrau des Premiers, Emine Erdogan, nahm in der Vorstellung sogar neben Hauptdarsteller Necati Sasmaz Platz und zeigte sich hinterher begeistert von dem Film: „Es war wirklich sehr schön“, sagte sie. Eine amerikanische Zeitung fragte daraufhin, was die Türken denken würden, wenn Laura Bush, die Frau des amerikanischen Präsidenten, von einem antitürkischen Film schwärmen würde.

Allerdings ist nicht die gesamte politische Klasse der Türkei vom „Wolf“-Fieber befallen. So ließ Außenminister Abdullah Gül erklären, er habe den Film nicht gesehen und werde das auch künftig nicht tun. Am Sonntag betonten türkische Regierungsvertreter, der Film sei kein realistisches Abbild der türkisch- amerikanischen Beziehungen. Der Streifen sei nicht wegen seiner inhaltlichen Aussagen gedreht worden, sondern um Geld einzuspielen.

Mit Blick auf Stoibers Forderung hieß es in Ankara, eine solche Diskussion verschaffe dem Film nur noch mehr Aufmerksamkeit. Die Türkei selbst habe in den siebziger Jahren den Fehler begangen, im westlichen Ausland gegen den Film „Midnight Express“ zu protestieren, in dem es um die brutale Behandlung eines Häftlings in türkischen Gefängnissen ging. „Damals haben wir den Film erst populär gemacht“, sagte ein Regierungsvertreter. Eine ähnliche Debatte über „Tal der Wölfe“ könne nun dieselben Folgen haben. „Das brauchen wir nicht.“

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