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Politik: Abgetreten – aber nicht abgetaucht

Wenn es nach ihm ginge, er wäre vielleicht noch Ministerpräsident in Sachsen. Denn von Altersgrenzen hält Kurt Biedenkopf wenig.

Wenn es nach ihm ginge, er wäre vielleicht noch Ministerpräsident in Sachsen. Denn von Altersgrenzen hält Kurt Biedenkopf wenig. So feiert er seinen 75. Geburtstag an diesem Freitag zwar nicht im Amt – das verlor er vor zweieinhalb Jahren –, aber als rüstiger und rühriger Politikrentner. „Ich habe viel zu tun, aber keinen Stress. Ich hätte keine Ruhe, wenn ich nichts tun würde“, sagte er dieser Tage in einer Talkshow.

Derzeit ist Biedenkopf vor allem Ombudsman für Hartz-IV-Bezieher im Osten, er soll vermitteln zwischen Bürgern und Behörden. Daneben ist er Gründungspräsident der Dresden International University, die Master-Programme und berufsbegleitende Kurse anbietet. Auch als Anwalt ist er tätig. „Ich habe ein Bild in meinem Zimmer, da sind alle meine Enkel und Kinder drauf. Für die arbeite ich. Ich will, dass sie das Gefühl haben, der Großvater hat auch nach seinem 75. Lebensjahr sein Wissen und Können eingesetzt, um dazu beizutragen, dass sie in diesem Lande gerne leben.“

Sein Blick geht aber nicht nur auf Familienbilder, sondern auch auf die wieder aufgebaute Frauenkirche in Dresden, denn Biedenkopf ist in Sachsen geblieben nach seinem Abgang, den er sich ganz anders vorgestellt hatte. Er wurde von der eigenen Partei zum Abdanken gezwungen. Freilich geht es der sächsischen CDU heute lange nicht mehr so gut wie zu Zeiten von „König Kurt“. Dass seine 50-plus-Wahlergebnisse – die 58,1 Prozent von 1994 sind das beste CDU-Landesergebnis überhaupt – nicht von Dauer sein konnten, wusste er selbst. Dass unter Milbradt daraus 41,1 Prozent geworden sind, mag für den Geschassten eine kleine, allenfalls still genossene Genugtuung sein.

Dass es gerade der in der CDU als theoretisierender und besser wissender Querdenker verschriene Ex-Professor war, der der Partei Rekordergebnisse bescherte, war eine Ironie der Parteigeschichte. Helmut Kohl hatte Biedenkopf 1973 als Generalsekretär geholt, um der Honoratiorenpartei einen moderneren und intellektuelleren Anstrich zu geben. Das tat Biedenkopf selbstbewusst. Zu selbstbewusst für Kohl. Vier Jahre später waren die beiden zerstritten, ihr Dauerzwist gehörte bald zur Parteifolklore. Mittlerweile kann Biedenkopf über seinen einstigen Förderer und späteren Parteifeind sogar Positives sagen. „Ich bin tief beeindruckt von seiner Fähigkeit, personale Netzwerke über die ganze Welt aufzubauen.“ Ein bisschen Gift steckt aber auch in diesem Lob, wenn er hinzufügt, dass Kohl die Gabe habe, Menschen für seine Politik zu nutzen.

Dass Biedenkopf hinter Angela Merkel steht, hat wohl auch damit zu tun, dass er weiß, wie Kohls Netze noch immer wirken. Merkel könne führen, sagt Biedenkopf. Ihre Reformpolitik unterstützt er, und er sieht sie auch als Kanzlerkandidatin. Als er mit Gattin Ingrid in der Sendung „Beckmann“ auftrat, stellte er klar: „Selbstverständlich können Frauen regieren.“

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