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Hat Sarkozy Aktionen gegen Richter und Journalisten angeordnet?

© AFP

Abhören, stehlen, unter Druck setzen: Sarkozy im Affärensumpf

Frankreichs Präsident wieder in schlechtem Licht. Im Skandal um die illegalen Wahlkampfspenden kommen neue Details ans Licht.

Eine „untadelige Republik“ hatte Nicolas Sarkozy bei seiner Wahl 2007 versprochen. Was daraus geworden ist, können die Franzosen jetzt besichtigen. Acht Monate vor der Wahl 2012, bei der er sich um die Erneuerung seines Mandats bewirbt, rücken zwei Affären Sarkozy, seinen Innenminister Claude Guéant sowie die obersten Chefs von Spionageabwehr und Polizei, alle drei enge Vertraute des Präsidenten, ins Zwielicht.

Es geht ein weiteres Mal um die inzwischen ein Jahr alte Affäre der milliardenschweren Erbin des Kosmetikkonzerns L’Oreal, Liliane Bettencourt, genauer um neue Details dieses Skandals um mögliche illegale Wahlkampfspenden für Sarkozy, eingeschüchterte Zeugen und eine Richterin, die von einem mit dem Präsidenten befreundeten Staatsanwalt unter Druck gesetzt wird. Hinzugekommen ist, als Affäre in der Affäre, die Enthüllung der gesetzeswidrigen Ausschnüffelung des gut informierten und damit unbequemen „Le Monde“-Journalisten Gérard Davet durch die Spionageabwehr.

Auslöser ist ein gerade erschienenes Buch „Sarkozy hat mich getötet“. Darin lassen Davet und sein Kollege Fabrice Lhomme Politiker, hohe Beamte, Richter, Journalisten zu Wort kommen, die sich Sarkozy in den Weg stellten und seine Rache zu spüren bekamen. Sie wurden diszipliniert, abgehört, strafversetzt, mit Dingen aus ihrem Privatleben bloßgestellt und bekamen es mit der Steuerfahndung oder der Justiz zu tun. Unter ihnen ist die Richterin Isabelle Prévost-Desprez, Vizepräsidentin am Gericht von Nanterre. Sie war für die Affäre Bettencourt zuständig, bis ihr der Fall entzogen wurde.

Lesen Sie weiter: Die Enthüllungen aus "Sarkozy hat mich getötet".

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In dem Buch berichtet sie, wie eine ehemalige Pflegerin der Milliardärin nach ihrer Anhörung als Zeugin einer Justizangestellten anvertraute, sie habe persönlich eine Geldübergabe an Sarkozy gesehen, hätte dies aber der Richterin bei ihrer Vernehmung nicht zu Protokoll geben können. Prévost-Delprez nennt noch eine andere Zeugin, die ihr inoffiziell von einer Geldübergabe berichtete. Wie drückend das Klima der Angst war, das auf den Zeugen lastete, schildert die Richterin am Beispiel der früheren Buchhalterin der Milliardärin. Nachdem deren Aussage über Spenden für Sarkozy bekannt geworden war, wurde sie an ihrem Urlaubsort in Südfrankreich von einem großen Polizeiaufgebot abgeholt und „wie eine Täterin, nicht wie eine Zeugin“ stundenlangen Verhören ausgesetzt, um sie zum Widerruf zu bewegen. Sie verlor ihren Job und ist seitdem arbeitslos.

Als „skandalös, unbegründet und lügnerisch“ wies der Elysée-Palast die Behauptungen der Richterin zurück. Während ihrer Ermittlungen hatte der erwähnte, mit Sarkozy befreundete Staatsanwalt sich die Liste ihrer Telefongespräche illegal besorgt. Nun sieht sich Prévost-Desprez wieder unter Beobachtung und stellt sich auf disziplinarische Maßnahmen ein. In einem Interview dementierte die Pflegerin, sagte aber, sie hätte anonyme Drohungen erhalten. Davet sieht darin eine Bestätigung der Einschüchterungen, die auch er erfuhr, als im vergangenen Jahr bei ihm und anderen mit der Affäre Bettencourt befassten Journalisten eingebrochen und die Computer gestohlen wurden.

In die Affäre platzte unterdessen ein neuer Skandal, der für Sarkozy noch peinlicher werden könnte. Nach einem Bericht von „Le Monde“ stellte die Pariser Richterin Sylvia Zimmermann schriftliche Beweise sicher, die den Verdacht erhärten, dass sich die Spionageabwehr voriges Jahr unter Bruch des Gesetzes die Listen der Telefongespräche Davets beschaffte, um dessen Quellen im Fall Bettencourt zu identifizieren. Ein als Informant verdächtigter hoher Beamter des Justizministeriums war damals umgehend seines Postens enthoben worden, während die Staatsanwaltschaft die Klage von „Le Monde“ wegen Verletzung des Gesetzes über den Schutz journalistischer Quellen verschleppte. Innenminister Guéant und die Chefs von Geheimdienst und Polizei hatten die illegale Aktion abgestritten. Die Frage ist, ob sie aus eigenem Antrieb handelten oder auf Anweisung von oben.

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