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Rupert Murdoch im Verhör.

© dapd

Abhörskandal: Seinem Vernehmen nach

Vor der Untersuchungskommission zur Hacker-Affäre bestreitet Rupert Murdoch seine Schuld – und jede Einflussnahme auf die Politik.

Seit Monaten läuft die Untersuchung der britischen Presse-Ethik, ausgelöst durch die Hacker-Affäre bei „News of the World“. Und längst geht es um mehr als um die journalistischen Methoden einiger Zeitungen aus Rupert Murdochs News- Corp.-Familie. Live überträgt das Fernsehen Kreuzverhöre, in denen Verflechtungen von Pressemacht und Politik offenbar werden, die bislang im Dunkeln blieben. Angeordnet hatte die Untersuchung Premierminister David Cameron. Er könnte noch ihr größtes Opfer werden.

Medienmogul Rupert Murdoch zeigte sich am zweiten Tag seines Verhörs vor Lordrichter Sir Brian Levensons Kommission zwar reuig, bestritt aber erneut seine Schuld. Der 81-Jährige beschrieb sich als Opfer eines Vertuschungsmanövers seiner eigenen Chefredakteure: „Ich mache ein, zwei Leute verantwortlich, die ich vielleicht nicht nennen sollte, weil sie noch verhaftet werden könnten.“ Nachlässigkeit in der Unternehmenskontrolle bestritt er – wohl wissend, dass die Aussage auch von der Aufsichtsbehörde Ofcom aufmerksam verfolgt wird. Die wird schließlich über die charakterliche Eignung Murdochs als Inhaber einer Rundfunklizenz entscheiden.

Noch am Mittwoch hatte Murdoch seine engen Beziehungen zu Generationen von Premierministern heruntergespielt. Gleichzeitig stand Premierminister David Cameron im Unterhaus unter schwerem Beschuss. Die Opposition forderte den Rücktritt von Jeremy Hunt, dem Kulturminister. Hunt, der auch für die Olympischen Spiele zuständig und fast unentbehrlich ist, war mit der Entscheidung über Murdochs geplante Total-Übernahme des Pay-TV-Giganten BSkyB betraut worden. Aber 163 E-Mails belegten nun, dass der unabhängige Entscheider Hunt in engstem Kontakt mit Murdochs Büro stand. „Hand aufs Herz: Wir alle haben uns ein bisschen zu sehr bei Rupert Murdoch eingeschmeichelt“, sagte Cameron beschwichtigend.

Nun aber ist unklar, wer in Großbritanniens größtem Medienskandal der Jäger und wer der Gejagte ist. Die Enthüllungen jedenfalls stürzten die Regierung Cameron in ihre schwerste Krise.

„Unglaublich, dass Hunt noch nicht zurückgetreten ist“, sagte Oppositionsführer Ed Miliband am Donnerstag und ging in die Offensive. Hunts Versuche, die Attacke aufzuhalten, indem er seinen persönlichen Berater als Bauernopfer darbrachte – er soll die E-Mails mit der Murdoch-Zentrale gewechselt haben – fruchten wenig. Labour wirft ihm mindestens drei Verstöße des ministeriellen Kodexes vor. Auch die Finanzaufsicht könnte sich einschalten. Hunt will sich so bald wie möglich vor der Levenson-Kommission erklären – die damit plötzlich auch noch über den Verbleib eines Ministers entscheiden muss.

„Hunt ist jetzt die Brandmauer, die Cameron schützt“, warnte Miliband. Er suggeriert, dass es ein Geheimabkommen zwischen den Tories und den Murdochs gab. Indizien gibt es. Die Liste reicht von der Einstellung des früheren „News of the World“-Chefredakteurs Andy Coulson als Camerons Pressesprecher über seine Ausritte mit Murdochs inzwischen zurückgetretener und verhafteter Zeitungschefin Rebekah Brooks bis zur jüngsten Enthüllung: Kurz bevor sich Murdochs „Sun“ im September 2009 von Labour ab- und den Tories zuwandte, war Hunt, damals Schattenminister für Medien, zu Gesprächen mit den Murdochs in New York.

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