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Politik: Abo-Sender Premiere droht das Aus

Probleme nach dem Verlust der TV-Rechte für Bundesliga / Verbraucherschützer befürchten Nachteile

Berlin - Die wirtschaftliche Zukunft des Abo-Senders Premiere ist nach dem Verlust der Übertragungsrechte für die Fußball-Bundesliga bedroht. Medienexperten, Investoren und Analysten äußerten sich am Donnerstag pessimistisch zu den Chancen des börsennotierten Unternehmens, auch ohne exklusiven Bundesliga- Fußball auf dem Fernsehmarkt bestehen zu können. Die Aktie stabilisierte sich nach dem dramatischen Einbruch am Vortag. Am Mittwoch hatte Premiere an der Börse zeitweise 800 Millionen Euro seines Wertes verloren.

Premiere zählt rund 3,4 Millionen Abonnenten und wird nur noch bis Sommer 2006 die Bundesliga live zeigen. Rund 400 000 Kunden haben das Bundesliga-Paket für knapp 35 Euro abonniert. Für die kommenden drei Jahre aber hatte am Mittwoch ein Konsortium von Kabelnetzbetreibern mit dem Namen Arena die Rechte erhalten. Arena- Geschäftsführer Bernard de Roos zeigte sich am Donnerstag offen für Kooperationen. Er rechne auch fest mit einer Zusammenarbeit mit dem größten deutschen Kabelnetzbetreiber Kabel Deutschland. Roos schloss nicht aus, dass auch Premiere in eine Kooperation einbezogen werden könnte. Sollten die Kabelnetzbetreiber selber Programm machen wollen, müssen sie allerdings bei den Landesmedienanstalten eine Lizenz erwerben.

„Wir werden uns vernünftigen Kooperationsangeboten nicht verschließen“, sagte Premiere-Chef Georg Kofler am Abend dem Sender ntv. Er versicherte auch: „Ich werde bei Premiere bleiben.“ Der Sender sieht nach dem Verlust der Bundesligarechte, für die Kofler nach eigenen Angaben mehr als 300 Millionen Euro pro Saison geboten hatte, „erheblich größeren finanziellen Spielraum, um das Programmangebot in allen Bereichen weiter auszubauen“. Verwiesen wird unter anderem auf die Senderechte an der Formel 1, der Champions-League sowie der Fußball- WM 2006. „Wir haben am Mittwoch 9985 Neu-Abonnenten registriert“, sagte Kofler auf ntv. Es gebe auch keinen Grund, jetzt zu kündigen, „denn bis August 2006 wird Premiere ja sein Programm und seinen Service unverändert anbieten“.

Helmut Thoma, ehemaliger Chef von RTL, sagte Premiere eine Zukunft als „kleiner Zwischenhändler von Filmen“ voraus. Der Sender werde einer „ungeheuren Konkurrenz“ durch Kabel- und Internetfirmen ausgesetzt sein. „Von dem Traum, ein großer Abo-Kanal wie die britische BSkyB zu werden, muss sich Premiere verabschieden“, sagte Thoma dem Tagesspiegel. Kofler habe sich beim Rechtepoker um die Bundesliga gründlich verspekuliert. „Das ist schon ein schwerer Schlag für Premiere“, sagte auch der Präsident der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien, Wolf-Dieter Ring, der dpa.

Der Bundesverband der Verbraucherzentralen befürchtet, dass viele Premiere-Kunden nicht vorzeitig aus ihren Verträgen aussteigen können. In zahlreichen Verträgen gebe es eine Klausel, mit der sich Premiere eine Änderung des Programms vorbehalte, sagte der Verbraucherschutzexperte Patrick von Braunmühl dem Tagesspiegel.

Das Geschäftsmodell und die Rentabilität von Premiere stehen Analysten zufolge vor einer Zerreißprobe. Einige sehen das Unternehmen als Übernahmekandidaten. Viele Banken revidierten am Donnerstag ihre Prognosen. Die West LB befürchtet, dass Premiere bis Mitte 2007 rund ein Viertel seiner Kunden verliert.

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