zum Hauptinhalt
Ein russische Interkontinentalrakete fährt bei einer Militärparade über den roten Platz in Moskau.

© Sergei Ilnitsky/dpa

Abrüstungsabkommen: Deutsche Außenpolitiker wollen mit neuem Vorschlag INF-Vertrag retten

Der INF-Vertrag ist gescheitert. Nun schlagen Politiker von CDU und SPD vor, dass Russland Waffen so weit nach Osten verlegt, dass sie Europa nicht erreichen.

Außenpolitiker von CDU und SPD wollen mit einem neuen Vorschlag an Russland und die USA die Gefahr eines nuklearen Wettrüstens in Europa bannen. Roderich Kiesewetter, der Obmann der Union im Auswärtigen Ausschuss, und der Vize-Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Rolf Mützenich, forderten Moskau auf, seine neuen Marschflugkörper vom Typ SSC-8 (russische Bezeichnung 9M729) so weit nach Osten zu verlegen, dass sie Europa nicht mehr erreichen können, wie die „Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung“ berichtete.

Im Gegenzug sollten US-Abschussanlagen in Europa für russische Kontrollen geöffnet werden, schlugen Kiesewetter und Mützenich vor. Das betrifft die Startrampen für Abfangraketen in Rumänien und in Zukunft auch in Polen. Moskau wirft Washington vor, mit dem Einsatz von Raketenabwehrsystemen in Europa gegen das INF-Abrüstungsabkommen zu verstoßen, an das sich beide Seiten nicht mehr gebunden fühlen. Die USA haben Russland am Samstag formell über ihren Rückzug aus dem Vertrag informiert, der eine Kündigungsfrist von sechs Monaten vorsieht.

Uneinigkeit über Umgang mit Russland

Kiesewetter sagte, eine Verlegung der russischen Marschflugkörper müsse jedoch durch ein „striktes und andauerndes Verifikationsregime“ gesichert werden. Sie könnten per Bahn und LKW „praktisch über Nacht“ wieder zurück Richtung Europa bewegt werden. Deshalb müsse „gewissermaßen neben jeder einzelnen Waffe permanent ein Beobachter stehen“. Russland hat wirksame Kontrollen bisher nicht zugelassen.

Zwischen Union und SPD herrscht gleichzeitig Uneinigkeit über den Umgang mit Russland. Während die SPD eine Stationierung landgestützter Atomwaffen in Europa ablehnt, wollen Unionspolitiker diese Option nicht vom Tisch nehmen. Kiesewetter nannte es einen "Fehler", dass Außenminister Heiko Maas (SPD) die Option einer nuklearen Nachrüstung ausschließe. "Wenn wir nicht bereit sind, über eigene Waffen nachzudenken, wird Russland keinen Grund sehen, seine Waffen verifizieren zu lassen", sagte er der "FAS".

CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak warf führenden SPD-Politikern Naivität vor. „Sozialdemokraten wie Lars Klingbeil und Stephan Weil schüren mit ihren Äußerungen Misstrauen gegenüber der NATO und spielen mit ihren naiven Sprüchen Putin in die Hände“, sagte Ziemiak der Deutschen Presse-Agentur in Berlin.

Die NATO müsse geschlossen bleiben, forderte Ziemiak. „Auch Deutschland muss deutlich machen, dass alle Optionen auf dem Tisch bleiben. Russlands Verletzung des INF-Vertrages darf am Ende des Tages nicht durch naive deutsche Außenpolitik belohnt werden.“

SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil forderte die Union auf Twitter auf, damit aufzuhören, "in den Kategorien des Kalten Krieges zu denken". Wichtig sei vielmehr "ein selbstbewusstes Signal an die USA und Russland, dass Europa ein atomares Aufrüsten entschlossen ablehnt und stattdessen auf Diplomatie und Abrüstung setzt".

Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen von unseren Redakteuren ausgewählten, externen Inhalt, der den Artikel für Sie mit zusätzlichen Informationen anreichert. Sie können sich hier den externen Inhalt mit einem Klick anzeigen lassen oder wieder ausblenden.

Ich bin damit einverstanden, dass mir der externe Inhalt angezeigt wird. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu erhalten Sie in den Datenschutz-Einstellungen. Diese finden Sie ganz unten auf unserer Seite im Footer, sodass Sie Ihre Einstellungen jederzeit verwalten oder widerrufen können.

Am Freitag hatte er getwittert: "Die Union warnt unseren Außenminister davor sich der Stationierung neuer atomarer Mittelstreckenraketen in Deutschland und Europa entgegenzustellen. Das ist der falsche Weg." Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) hatte erklärt: „Ein neues Wettrüsten muss unbedingt verhindert werden. Wahrscheinlich brauchen wir eine neue Friedensbewegung.“

Außenminister Maas warnte am Sonntag erneut, dass die Welt "ohne den INF-Vertrag gefährlicher" sei. Nukleare Mittelstreckenraketen dürften aber "nicht Verhandlungsmasse" werden, stattdessen müsse jetzt verhandelt werden, "wie wir die Rüstungskontrolle ins 21. Jahrhundert retten", schrieb er auf Twitter.

Das INF-Abkommen aus dem Jahr 1987 zwischen den USA und der damaligen Sowjetunion untersagt den Bau und Besitz landgestützter, atomar bewaffneter Raketen oder Marschflugkörper mit einer Reichweite von 500 bis 5500 Kilometern. Die Abkürzung INF steht für „Intermediate Range Nuclear Forces“, auf Deutsch: nukleare Mittelstreckensysteme. (dpa, AFP)

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false