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Der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime, Aiman Mazyek.

© Tjilo Rückeis

Absage von Motivwagen: Islamverband irritiert über Karnevalisten

Für Zentralratschef Mazyek stärkt der Verzicht auf den Motivwagen zu Anschlägen von Paris in Köln nur die Ressentiments.

Einen Tag vor Rosenmontag hat der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime, Aiman Mazyek, Karikaturisten und Karnevalisten zu mehr Auseinandersetzung mit Extremismus aufgerufen, gerade nach den Anschlägen in Paris im Januar. Der Rückzug der Kölner Verantwortlichen, die einen Motivwagen zum Thema aus dem Rosenmontagszug genommen haben, habe ihn irritiert, sagte er dem Tagesspiegel. Er könne „nicht nachvollziehen, auf wen da Rücksicht genommen wird“. Als Muslim sei er besorgt, dass dies eher islamfeindliche Ressentiments bedienen werde der Art: „Schaut mal, sie knicken vor den Muslimen ein“. „Wir sind Teil dieser Gesellschaft, unser Sinn für Humor unterscheidet sich nicht gravierend von dem der nichtmuslimischen Deutschen.“

Mazyek stimmte der Formulierung von SPD-Chef Sigmar Gabriel zu, Pegida gehöre zu Deutschland. Dies stimme „offenbar mehr, als uns lieb ist“. Er äußerte sich auch zustimmend zu Gesprächen mit Pegida-Mitläufern: „Eine grundsätzliche Dialogverweigerung hätte die Rädelsführer, die kruden, islamophoben und rassistischen Weltbildern anhängen, noch weiter gestärkt in ihrem Populismus.“ Ein Gespräch mit den Führungsleuten lehne der Zentralratsvorsitzende aber strikt ab.

Nach fast zehn Jahren Deutscher Islamkonferenz sieht Mazyek Lernprozesse auf staatlicher wie muslimischer Seite: „Als wir uns vor einem Jahrzehnt auf dieser Ebene trafen, dachten wir noch, wir fahren jetzt nach Berlin, die Anerkennung als Religionsgemeinschaft haben wir damit praktisch in der Tasche“, sagte er. Das sei natürlich Unsinn gewesen. Auch das Motiv des Innenministeriums, „nicht des Ministers Schäuble“, sei nicht aufgegangen, „uns unter dem Eindruck von 9/11 sicherheitspolitisch in Beschlag zu nehmen“. Dieses Mehr an Wissen auf beiden Seiten sei auch ein Erfolg der Konferenz.

Bundeskanzlerin Angela Merkel warb in ihrem wöchentlichen Video-Podcast für „große Toleranz“ gegenüber dem Islam. Gleichzeitig machte die CDU-Chefin deutlich, dass der Islam Deutschland und Europa bislang weniger geprägt habe als Christentum und Judentum. Der Islam sei „noch nicht so lange bei uns zu Hause“ – jedenfalls nicht mit vier Millionen Menschen, die im Grundsatz dem islamischen Glauben verpflichtet seien, sagte sie.

Ein ausführliches Interview mit Aiman Mazyek lesen Sie am Sonntag im gedruckten Tagesspiegel.

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