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Abgelehnte Asylbewerber werden in Leipzig zum Transport zum Flughafen abgeholt.

© dpa

Abschiebungen: Asylrecht: Wie ein faires Schutzsystem aussehen könnte

Die Bundesregierung will Asylbewerber schneller abschieben. Das macht keinen Sinn, sagt Barbara John in ihrer Kolumne. Was stattdessen nötig wäre.

Eine Kolumne von Barbara John

Die Bundesregierung will abgelehnte Asylbewerber, die nicht freiwillig ausreisen, schneller abschieben als bisher. Das Gesetz wird gerade parlamentarisch beraten. Bundesinnenminister Thomas de Maizière begründet es mit den zwei Seiten der deutschen Flüchtlingspolitik: Nach der Aufnahme aller gibt es ein Bleiberecht nur für die Schutzbedürftigen, die Erfolglosen müssen wieder zurück. Auf dieser Logik ist unsere Asylpolitik seit Jahrzehnten aufgebaut. Doch kann dieses Prinzip nach der Masseneinwanderung von mehr als einer Million Asylbewerbern überhaupt noch funktionieren?

Abgesehen von Verweigerungen rot-grün regierter Bundesländer, abgelehnte Asylbewerber überhaupt nach Afghanistan abzuschieben, stellen sich noch ganz andere Hindernisse in die Quere. Zum einen sind es die gewaltigen Zahlen. Schon jetzt ist die Rede von weit mehr als zweihunderttausend Ausreisepflichtigen. Diese Zahl steigt, denn jetzt erst werden viele noch offene Asylverfahren entschieden.

Das Gegenmodell zur Abschiebung: Registrierte Schutzbedürftige holen. Nicht jeden kommen lassen

Abschiebung ist neben dem bürokratischen Kraftakt auch eine extreme Belastung für die Abzuschiebenden wie für die zuständigen Beamten. Und was auch zählt, ist die bei vielen ehrenamtlichen Flüchtlingshelfern erstmalig gewachsene Vertrautheit mit Flüchtlingen. So viele sind ihnen persönlich nahegekommen, kennen ihre Biografien, wissen um die Erfolge und Schwächen in Sprachkursen und im Arbeitsmarkt. Frustriert beklagen sie die Ausreisepflicht ihrer Schützlinge als „völlige Entwertung der humanitären Aufnahmepolitik der vergangenen Jahre“. Sie verstehen die Welt nicht mehr.

Wenn aber die Logik der Abschiebung weniger Akzeptanz und Zustimmung findet als je zuvor, hat dann das Instrument überhaupt noch eine Zukunft? Muss dann nicht eine neue Logik entwickelt werden, mit der Abschiebungen weitgehend vermieden werden können? Es gibt sie und sie wird im Grundsatz praktiziert (USA, Kanada). Sie bedeutet: Nicht jeden Asylbewerber kommen zu lassen, sondern registrierte Schutzbedürftige holen. Außengrenzen kontrollieren. Das wäre ein faireres und menschenschonenderes Schutzsystem. Für Europa ist das noch ein Tabuthema.

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