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Kerstin Müller

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Abschied aus dem Bundestag: Kerstin Müller

Hört nach 19 Jahren auf. Zeit als MdB war ein Lernprozess. Gehörte anfangs zu jenem Teil der Grünen, den man gern „Fundis“ nannte – wenn auch gemäßigt. Wurde zur führenden Außenpolitikerin ihrer Partei. Mal vor, mal hinter, mal mit Joschka Fischer.

"Der Einsatz für Flüchtlinge, für Menschen- und Frauenrechte treibt mein politisches Engagement bis heute an. Als ich 1994 zum ersten Mal in den Bundestag einzog, wurden Joschka Fischer und ich zu Fraktionsvorsitzenden gewählt. Ich war damals mit 31 Jahren die jüngste Fraktionsvorsitzende, die der Bundestag je hatte, und die einzige Frau in dieser Position. Das war für mich persönlich eine ziemliche Herausforderung.

Ich habe an führender Stelle Landes- und Bundeskoalitionen mitgeschmiedet und die Politik der Bundesregierung mitgelenkt: nicht nur als Fraktionsvorsitzende, sondern auch als Staatsministerin im Auswärtigen Amt. Für die Grünen, aber auch für mich persönlich, waren es enorm spannende, manchmal auch schwierige Zeiten – insbesondere die Regierungsjahre, wo wir angefangen vom Kosovo, über Atomausstieg, neue Zuwanderungspolitik und Hartz-Gesetzgebung, dem 11. September und Afghanistan keine Krise „ausgelassen“ haben.

Schlechte Kompromisse gehörten genauso dazu wie Erfolge, die bis heute die Bundesrepublik Deutschland verändert haben wie etwa die „Eingetragene Lebenspartnerschaft“ für Schwule und Lesben. Nicht nur ich persönlich, auch die Grünen als Partei haben vor allem in diesen Regierungsjahren dazugelernt, was Verantwortung heißt, wenn man die Politik der Bundesrepublik Deutschland mitgestaltet.

In meiner Zeit als Staatsministerin ist mir vor allem Afrika mit all seinen großen Problemen, aber auch Chancen ans Herz gewachsen. Ich war in dieser Zeit treibende Kraft, damit der Völkermord in Darfur 2004 auf die Tagesordnung der Vereinten Nationen gesetzt wurde – mit der Folge, dass Sudans Präsident Baschir bis heute vom Internationalen Strafgerichtshof mit Haftbefehl gesucht wird.

Der Völkermord in Ruanda, Srebrenica, in Darfur oder aktuell der Vernichtungskrieg des Assad-Regimes gegen das syrische Volk zeigen, wie Regierungen nicht nur ihre Schutzverantwortung gegenüber ihrer eigenen Bevölkerung verweigern, sondern missbrauchen. Ich bin zutiefst der Überzeugung, dass wir dabei vor allem mehr Verantwortung übernehmen müssen, präventiv, damit Gewalt und Krieg erst gar nicht aufflammen.

Auch wenn ich den Bundestag jetzt verlasse – ob Menschenrechte, Frauenrechte oder zivile Krisenprävention, eines ist sicher: Ich werde mich weiter politisch einmischen."

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