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Der demokratische US-Präsidentschaftskandidat Joe Biden

© Reuters/Jim Bourg

Update

Abschied vom getöteten Afroamerikaner: Biden nennt Tod von Floyd „Wendepunkt der Geschichte“

Der durch Polizeigewalt getötete George Floyd wird in Houston beigesetzt. Der Demokrat Biden sieht Veränderungen im Land. Präsident Trump ist unter Druck.

Der Tod des Afroamerikaners George Floyd markiert nach Ansicht des designierten Präsidentschaftskandidaten der US-Demokraten, Joe Biden, einen Wendepunkt in der Geschichte der USA. Der Ex-Vizepräsident hatte am Montag mit seiner Frau Jill in der texanischen Stadt Houston für rund eine Stunde Angehörige Floyds getroffen, darunter dessen sechs Jahre alte Tochter Gianna. Sie hatte kürzlich gesagt, ihr Vater habe die Welt verändert.

„Ich denke, ihr Vater wird die Welt verändern“, sagte Biden dem Sender CBS in Anspielung auf Giannas Aussage. „Ich denke, was hier passiert ist, ist einer dieser großen Wendepunkte in der amerikanischen Geschichte, was bürgerliche Freiheiten, Bürgerrechte und die gerechte Behandlung von Menschen mit Würde betrifft.“

Biden sprach sich klar gegen die drastische Einkürzung der Finanzierung der Polizeibehörden aus - eine Forderung, die bei den Protesten seit Floyds Tod zunehmend Widerhall findet. Vielmehr unterstütze er, Bundesmittel an Bedingungen zu knüpfen, nämlich daran, ob die Polizei „bestimmte grundlegende Standards von Anstand und Ehrenhaftigkeit“ erfülle, sagte Biden. Konkreter wurde er nicht. CBS zeigte nur einen Ausschnitt aus dem Interview, das zu einem späteren Zeitpunkt ausgestrahlt werden soll.

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Seit der 46-jährige Floyd am 25. Mai bei einem Polizeieinsatz in Minneapolis im US-Bundesstaat Minnesota getötet worden war, kommen die USA nicht zur Ruhe. Täglich gehen Menschen in US-Städten auf die Straße, um gegen Polizeigewalt, Rassismus und Ungleichheit zu demonstrieren. Ein weißer Polizeibeamter hatte sein Knie fast neun Minuten lang in den Nacken des am Boden liegenden Floyd gedrückt. Floyd war wegen des Verdachts, mit einem falschen 20-Dollar-Schein bezahlt zu haben, festgenommen worden.

Gut zwei Wochen nach seinem Tod wird Floyd am Dienstag im US-Bundesstaat Texas beigesetzt. Schon der Vortag stand im Zeichen der Trauer: Hunderte Menschen nahmen in der Metropole Houston in einer Kirche am aufgebahrten Sarg Abschied.

Hunderte Menschen nehmen Abschied vom ermordeten George Floyd.
Hunderte Menschen nehmen Abschied vom ermordeten George Floyd.

© AFP/Godofredo A. VASQUEZ /Pool

An der Beisetzung in Pearland nahe Houston nimmt Biden nicht teil. Er wolle aber eine Videobotschaft aufnehmen, berichteten US-Medien.

Mit seinem Besuch in Texas hat Biden aber schon das Kontrastprogramm zu seinem Gegner im Rennen um die US-Präsidentschaft, Amtsinhaber Donald Trump, bei der Wahl im November abgespielt. Trump traf im Weißen Haus vor laufenden Kameras Vertreter von Sicherheitsbehörden, denen er Rekorde in der Strafverfolgung attestierte.

Mindestens eine Million Dollar Kaution für Polizisten

Der brutale Polizeieinsatz, bei dem Floyd am 25. Mai in Minneapolis ums Leben kam, hat die USA mitten in der Corona-Pandemie aufgewühlt. Ein weißer Beamter hatte dem 46-Jährigen sein Knie fast neun Minuten in den Nacken gedrückt - trotz aller Bitten Floyds, ihn atmen zu lassen. Die Ermittler klagten den Polizisten daraufhin unter anderem wegen Mordes zweiten Grades an. Darauf steht in den USA eine Haftstrafe bis zu 40 Jahre.

Für eine vorläufige Freilassung vor einem möglichen Urteil müssten mindestens eine Million Dollar als Sicherheit hinterlegt werden, wie ein Gericht in Minnesota zu Beginn einer ersten Anhörung des Polizisten am Montag mitteilte. Auch drei weitere beteiligte Polizisten wurden angeklagt.

Mit einem Kniefall und minutenlangem Schweigen haben Parlamentarier der oppositionellen US-Demokraten an erinnert. Führende Oppositionsvertreter wie Nancy Pelosi und Chuck Schumer gingen am Montag im Kongress in Washington auf die Knie und hielten 8:46 Minuten lang schweigend inne – so lange wie der Polizist sein Knie auf Floyds Nacken gedrückt hatte.

Die Führer der US-Demokraten knien nieder für George Floyd.
Die Führer der US-Demokraten knien nieder für George Floyd.

© AFP/Getty Images/Chip Somodevilla

Der Mord und die darauf folgenden landesweiten Proteste gegen Polizeigewalt, Rassismus und Ungleichheit heizen den Präsidentschaftswahlkampf wieder an, der angesichts der Krise in den Hintergrund gerückt war. Biden hat Trump mehrfach vorgeworfen, das Land auch in der derzeitigen Situation zu spalten statt es zu einen.

Biden versuche, „Amerikas Chefheiler“ zu werden, kommentierte der Sender CNN. Trump nutzte sein Treffen im Weißen Haus mit Vertretern der Strafverfolgungsbehörden für Lob - nicht nur für seine Gäste. „Ihr beschützt das Leben von Leuten, die ihr nicht kennt, das ist eine unglaubliche Sache“, sagte der Präsident und schrieb es auch seiner Regierung zu, dass es in den vergangenen dreieinhalb Jahren einen rekordhaften „Mangel“ an Kriminalität gegeben habe. Trump sprach von den „besten Strafverfolgungsbehörden“ der Welt.

Der 46-Jährige Floyd war am 25. Mai in Minneapolis bei einem Polizeieinsatz getötet worden. Der Beamte hatte ihm sein Knie fast neun Minuten lang in den Nacken gedrückt - trotz aller Bitten Floyds, ihn atmen zu lassen.
Der 46-Jährige Floyd war am 25. Mai in Minneapolis bei einem Polizeieinsatz getötet worden. Der Beamte hatte ihm sein Knie fast neun Minuten lang in den Nacken gedrückt - trotz aller Bitten Floyds, ihn atmen zu lassen.

© AFP/ Paul ELLIS

Diskussion um Reform der Polizei

Trump hat Floyds Tod mehrfach verurteilt und das Recht auf friedliche Demonstrationen betont. Ihm wird jedoch vorgeworfen, sich nicht klar gegen Rassismus zu positionieren und nicht genug Verständnis für den Zorn über Diskriminierung und Ungerechtigkeit im Land zu zeigen. Die anhaltenden Proteste hat er bislang vor allem unter dem Gesichtspunkt der Sicherheit kommentiert.

Dies dürfte auch eine zentrale Botschaft im Wahlkampf bleiben: Trump stehe für Recht und Ordnung, Biden dagegen sei auf der Seite der „radikalen“ Bewegung, die die Zusammenstreichung der Finanzierung für die Polizei fordere, hieß es in einer Mitteilung von Trumps Wahlkampfteam.

Biden sprach sich allerdings klar gegen solche drastischen Kürzungen aus, wie sie zunehmend bei den Protesten zu Floyds Tod gefordert werden. Vielmehr unterstütze er, Bundesmittel an Bedingungen zu knüpfen, nämlich daran, ob die Polizei „bestimmte grundlegende Standards von Anstand und Ehrenhaftigkeit“ erfülle, sagte Biden. Konkreter wurde er zunächst nicht.

Die US-Demokraten im Kongress stellten am Montag einen Gesetzentwurf gegen Polizeigewalt vor. Unter anderem wollen die Demokraten erreichen, dass polizeiliches Fehlverhalten einfacher strafrechtlich verfolgt werden kann und umstrittene Methoden wie Würgegriffe bei Festnahmen verboten werden. Die Erfolgsaussichten des Gesetzentwurfs sind unklar: Die Demokraten kontrollieren das Repräsentantenhaus, der Senat wird jedoch von Trumps Republikanern dominiert.

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Sinkende Umfragewerte für Trump

Jüngste Umfrageergebnisse scheinen indes Eindruck auf Trump gemacht zu haben. Dem Nachrichtenportal „Politico“ zufolge prüfen seine Berater, wie er schon in den kommenden Wochen trotz der Corona-Pandemie wieder Wahlkampfauftritte abhalten könnte.

In einer am Montag veröffentlichten Umfrage im Auftrag des Senders CNN lagen Trumps Zustimmungswerte nur noch bei 38 Prozent - sieben Punkte weniger als im vergangenen Monat. Wäre die Wahl jetzt, würden der Befragung zufolge 55 Prozent für Biden stimmen und nur 41 Prozent für Trump. Biden baute seinen Vorsprung deutlich aus. Wegen des komplizierten Wahlsystems in den USA haben solche Umfrage aber begrenzte Aussagekraft, was den Ausgang der Wahl angeht. (dpa)

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