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Auf den ersten Blick eng beieinander: die Gipfelteilnehmer beim Gruppenbild am Freitag.

© REUTERS/Ludovic Marin

Update

Abschlusserklärung: Was die G20-Staaten vereinbart haben - und was nicht

Dem Gipfel in Hamburg gelingt eine gemeinsame Schlusserklärung. Doch in der Klimapolitik und beim Handel hinterlässt Trump Spuren. Ein Überblick.

Ob das Mega-Treffen des Jahres, der Hamburger G-20-Gipfel, ein Erfolg werden würde, darauf wollten Spitzenbeamte in der Bundesregierung zu Beginn des Jahres nicht wetten. Nach dem Wahlsieg von Donald Trump mit seinem Slogan „America first“ war unklar, ob und wie weit sich die neue US-Regierung in den multilateralen Versuch zur Gestaltung der Globalisierung würde einbinden lassen.

Beginnt in Washington eine neue Phase des Protektionismus? Oder lässt sich die Politik der offenen Märkte und des möglichst ungehinderten Handels fortsetzen? Bis in das späte Frühjahr hinein wusste man in Berlin nicht genau, wohin sich Trumps Regierung orientieren würde. Beim zentralen Punkt der G 20 – der Handelspolitik – kam dann aber ein Kompromiss zustande, den Kanzlerin Angela Merkel und ihr Finanzminister Wolfgang Schäuble jedenfalls als begrenzten Erfolg vermelden können.

HANDEL

Die Abschlusserklärung ist ein Bekenntnis zum freien Handel und gegen Protektionismus und bekräftigt damit die bisherige Linie der G 20 – wenn auch in der Wortwahl unter dem Einfluss der USA etwas anders als bisher. „Wir werden die Märkte in dem Bewusstsein offenhalten, wie wichtig auf Gegenseitigkeit beruhende und für alle Seiten vorteilhafte Handels- und Investitionsrahmen und der Grundsatz der Nichtdiskriminierung sind“, heißt es in dem 19-seitigen Dokument. Die G 20 will demnach Protektionismus weiter bekämpfen „einschließlich aller unfairen Handelspraktiken“, wobei sie – und hier kommt nun Trumps Einfluss zur Geltung – „die Rolle rechtmäßiger Handelsschutzinstrumente“ anerkennen.

Freilich bleibt diese einschränkende Formulierung im Rahmen der Regeln der Welthandelsorganisation WTO, an denen sich alle G-20-Teilnehmer als Mitglieder orientieren müssen. Einer der hauptsächlichen Kritikpunkte der USA war Thema in Hamburg: die Überproduktion im Stahlsektor, die vor allem auf China zurückgeht und zu Preisverfall führt. Hier könnte die G-20-Vereinbarung durchaus Wirkung entfalten, zumal auch die Europäer darunter leiden. In dem Zusammenhang wird im Schlussdokument dazu aufgerufen, „jegliche marktverzerrende Subventionen und andere Arten der Unterstützung durch Regierungen“ einzustellen.

KLIMA

Nach der Kündigung des Pariser Klimaabkommens durch die USA und der Versicherung aller anderen Staaten, daran festzuhalten, gingen die G 20 „19 zu 1“ in die Gespräche. Am Ende enthielt die gemeinsam getragene Schlusserklärung aber doch ein Kapitel zu Energie und Klima, in dem die Entscheidung der USA zur Kenntnis genommen wird, das Pariser Übereinkommen aus Sicht aller anderen Staaten aber als „unumkehrbar“ bezeichnet wird. Doch heißt es zuvor: „Wir bleiben gemeinsam einer Minderung des Treibhausgasausstoßes verpflichtet, unter anderem durch mehr Innovation im Bereich nachhaltige und saubere Energien.“ Als Zugeständnis an Trump wurde ein Passus aufgenommen, in dem den USA zugestanden wird, mit anderen Ländern zusammenzuarbeiten, „um ihnen dabei zu helfen, auf fossile Brennstoffe zuzugreifen und sie sauberer und effizienter zu nutzen“. Die US-Ölindustrie wird es Trump danken.

Unmittelbar nach dem Gipfel verabschiedete sich auch noch noch überraschend der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan aus der Reihe der Klimaschützer, indem er die Umsetzung des Pariser Klimaabkommens in Frage stellte. Der ehemalige französische Präsident François Hollande habe ihm versprochen, dass sein Land nicht in die Gruppe der Industriestaaten eingestuft werde. „Solange die Versprechen, die man uns gegeben hat, nicht gehalten werden, werden wir das in unserem Parlament auch nicht ratifizieren“, sagte Erdogan.

WELTWIRTSCHAFT

Ziel der deutschen G-20-Präsidentschaft ist vor allem, die internationale Finanzarchitektur krisenfester zu machen. Insofern ist es als Erfolg zu werten, dass die G 20 sich ohne größere Debatten verständigte, weltweites Wachstum und die Schaffung von mehr Jobs sowie die internationale Finanzmarktregulierung voranzubringen. Dafür wurde ein „Hamburger Aktionsplan“ beschlossen. Befürchtungen, die USA könnten sich hier sperren, erfüllten sich nicht.

Erleichtert wurde registriert, dass die Amerikaner an den schärferen Vorgaben für die großen und international vernetzten Banken und Finanzhäuser nicht rütteln wollen. Die Vereinbarungen für höhere Kapitalpuffer – hier hinken die USA hinterher – sollen möglichst noch in diesem Jahr umgesetzt werden. Gegen Steuertricksereien internationaler Konzerne wollen die G-20-Staaten ebenso vorgehen wie gegen Staaten, die als Steueroasen auftreten. Die G 20 bekräftigte, dass sie Wechselkurse nicht manipulieren und auf eine gezielte Schwächung ihrer Währungen verzichten wollen, mit denen sie sich unfaire Vorteile im Wettbewerb verschaffen könnten. Das 2014 vereinbarte Wachstumsziel aber ist bisher nicht erreicht worden – ein Plus von zwei Prozent pro Jahr bis 2018 lässt sich offenbar nicht erreichen.

FLÜCHTLINGE

Gemeinsam gegen die Flüchtlingskrise – das war ein dringender Wunsch der Europäer beim G-20- Gipfel. Gelungen ist zumindest eine Einigung im Kampf gegen Schleuser und Menschenhändler. Dazu werden „Maßnahmen“ angekündigt, die aber nicht konkretisiert werden. Die von der EU verfolgte Idee, dabei die UN einzubinden, scheiterte. UN-Sanktionen wie Reiseverbote und Vermögenssperren gegen Schleuser und Menschenhändler soll es wegen des Widerstands von Russland und China nicht geben.

AFRIKA

Eines der Hauptanliegen der deutschen G-20-Präsidentschaft ist es, den afrikanischen Kontinent stärker in die Weltwirtschaft einzubinden und ihn damit auch zu stabilisieren. Für die Bundesregierung ist das ein wesentlicher Teil ihrer Politik zur Bekämpfung von Fluchtursachen. In der Schlusserklärung wird dafür eine Partnerschaft der G 20 mit Afrika ins Leben gerufen, der alle afrikanischen Länder beitreten können. Ziel ist es, auf dem Kontinent „nachhaltige, inklusive Entwicklung“ zu fördern, bei der Investitionsabkommen die zentrale Rolle spielen sollen – sowohl für die verbesserte Mobilisierung privater Gelder als auch den effizienteren Einsatz öffentlicher Mittel.

FRAUEN

Die verbesserte Teilhabe von Frauen am Wirtschaftsleben bleibt ein Ziel der G 20. Merkel konnte in Hamburg dafür ein Projekt voranbringen, das ihr sehr wichtig ist: Der erst vor Kurzem gestartete Weltbank-Fonds zur Stärkung von Unternehmerinnen in Entwicklungsländern erhielt weitere Geldzusagen. Bisher sei ein Betrag von umgerechnet 285 Millionen Euro eingesammelt worden, wie Weltbank-Präsident Jim Yong Kim sagte. US-Präsidententochter Ivanka Trump hatte sich auch für das Projekt starkgemacht.

KAMPF GEGEN TERROR

Schon am Freitag hatte sich der Kongress darauf verständigt, im Kampf gegen Terroristen weiter zusammenzuarbeiten. Der Informationsaustausch von Geheimdiensten und Sicherheitsbehörden soll dafür erleichtert werden. Auch sollen „Schwachstellen der Sicherheitssysteme für den Luftverkehr“ in den Blick genommen werden und die internationale Kooperation bei Grenzkontrollen. Für die Finanziers von Terror soll es nirgends mehr „sichere Orte“ geben.

Auch um die Bedingungen, die Terrorismus entstehen lassen, geht es in der Erklärung. Dort heißt es: „Die Förderung politischer und religiöser Toleranz, wirtschaftlicher Entwicklung und eines sozialen Zusammenhalts, der niemanden ausschließt, ist von entscheidender Bedeutung für die Beilegung bewaffneter Konflikte und die Erleichterung der Wiedereingliederung.“

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