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Politik: Abschnittsgefährte

Foto: Rückeis / Montage: DP HINTER DEN LINDEN Jede Generation hat so ihre ganz speziellen Bräuche. Das ist wie mit der Mode.

Von Robert Birnbaum

Foto: Rückeis / Montage: DP

HINTER DEN LINDEN

Jede Generation hat so ihre ganz speziellen Bräuche. Das ist wie mit der Mode. Nur dass die Bräuche sich über den ganzen Lebenszyklus hinweg erhalten, während die Hose mit Schlag allenfalls als Frühjahrsgag noch einmal wieder in die Regale der Trend-Boutiquen gerät. Ob dem Cord-Anzug ein ähnliches Schicksal beschieden sein wird oder ob der Streifen-Stoff, der lange Jahre hindurch nur um die dünnen Beine ältlicher Wandervögel schlotterte, ein echtes Revival erlebt – man muss es abwarten.

Einer der Bräuche der ersten Schlaghosen-Generation ist nun der, dass man die Eroberung eines neuen Lebensabschnittsgefährten den anderen nur en passant mitteilt. Das fanden die damals witzisch. So wie alle mit grüner Tinte auf grauem Umweltpapier mit lila Rankenmustern im Briefkopf korrespondierten. Damals schlug auch die Geburtsstunde einer Formel, die anzeigte, dass der neue Abschnittsgefährte die Individualität und Unabhängigkeit des Begefährteten in keiner Weise zu beeinträchtigen imstande sein würde: „Es grüßt Teldane mit Mark“. Nicht „zusammen mit“, nur „mit“.

Ja, und deshalb also sind wir beim Erhalt der Neujahrskarte von Claudia Roth kurzzeitig auf die falsche Spur geraten. Die Karte ist hellblau, in großen Buchstaben steht drauf „There’s no job too small“, und in kleinen Lettern am Rande lesen wir: „Claudia Roth wünscht mit Edward Ruscha ein wirklich gutes neues Jahr“. Holla, haben wir gedacht, sieh mal einer an! Er ist aber gar nicht der neue Lebensabschnittsgefährte der Grünen-Frau, dieser Edward Ruscha. Es handelt sich vielmehr um den Mann, der die großen Buchstaben auf den blauen Grund gemalt hat und deswegen ein berühmter amerikanischer Künstler ist. So, und da hätten wir nun also noch einen kleinen Verbesserungsvorschlag. Der Ruscha hat nämlich früher manche Bilder nicht mit Farbe gemalt, sondern ist zur Materialbeschaffung in die Küche gegangen. Zum neuen Jahr 2004 wünschen wir uns darum wieder einen Ruscha. Aber diesmal einen mit Schokolade!

Mit Vorfreude

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