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Politik: Abu Sayyaf enthauptet zwei Geiseln

Islamistische Terroristen nennen Tat „Teil unseres Heiligen Krieges“ / Schicksal von vier Frauen noch ungewiss

Jakarta. Philippinische Soldaten haben am Mittwoch auf der Insel Jolo die Köpfe von zwei Männern, die von der Abu Sayyaf entführt worden waren, gefunden. Ein Kopf war von den Mördern zum Markt von Jolo-Stadt gebracht worden, der andere in die Nähe des Militärhauptquartiers. „Denjenigen, die nicht an Allah glauben, wird es genauso ergehen“, stand auf einem Zettel. „Sie sagten, dass die Tat Teil ihres Heiligen Krieges sei“, sagte General Romeo Tolentino, Kommandant der philippinischen Truppen auf Jolo, „aber die Entführer sind keine Gläubigen. Sie sind Terroristen, Tiere und Barbaren“.

Die Abu–Sayyaf–Gruppe wurde vor elf Jahren von Moslems gegründet, deren Ziel ein islamischer Staat im Süden der überwiegend katholischen Philippinen war. Ihr Gründer, ein respektierter islamischer Gelehrter, starb 1998. Seit einigen Jahren sorgen nun die Führer von verschiedenen Fraktionen der Abu Sayyaf für Aufsehen, die mit Entführungen Geld verdienen wollen. Am vergangenen Dienstag hatte eine dieser Gruppierungen in der Nähe des Ortes Patikul acht Geiseln genommen. Zwei der Geiseln, ein muslimisches Ehepaar, kamen frei. Die anderen sechs sind Zeugen Jehovas, die auf Jolo als Kosmetikverkäufer von Tür zu Tür zogen.

Nach der Enthauptung der zwei männlichen Geiseln hält die Abu Sayyaf jetzt noch vier Frauen gefangen. Die philippinische Armee hat 2000 Soldaten in die Gegend geschickt, in die sie verschleppt worden sind. Bislang suchen die Militärs jedoch ohne Erfolg nach Geiseln und Entführern. Auf Jolo hatte die Abu Sayyaf vor zwei Jahren unter anderem auch die Göttinger Familie Wallert verschleppt, die später gegen Lösegeld freikam. Die Insel ist etwa so groß wie Berlin, im Inneren bergig und dicht bewachsen.

Die philippinische Präsidentin Gloria Arroyo verurteilte die neuen Entführungen und die Morde. Sie mache sich große Sorgen um die noch lebenden Geiseln, sagte ihr Sprecher. „Terrorismus ist nie gerechtfertigt“, so Karen Kelly, Sprecherin der US-Botschaft in Manila, „alle Geiseln sollten sofort und ohne Auflagen freigelassen werden“.

Die USA und die Philippinen hatten in der ersten Jahreshälfte 2002 die Abu Sayyaf in einer gemeinsamen Militäraktion bekämpft. Die US-Regierung glaubt, dass die Abu Sayyaf Verbindungen zu Osama bin Ladens Al-Qaida-Netzwerk hat. 1200 US-Soldaten waren mit modernem Gerät auf die Philippinen gekommen, Spezialeinheiten waren auf Basilan, der Nachbarinsel von Jolo, im Einsatz. Ende Juli mussten die Amerikaner abziehen, weil der philippinische Senat ihren Aufenthalt auf sechs Monate begrenzt hatte. Im Oktober soll ein neues, gemeinsames Manöver beginnen.

Die neuen Entführungen seien eine willkommene Gelegenheit für die philippinische Armee, die Zusammenarbeit mit dem US-Militär zu rechtfertigen, sagt Politik-Professor Renato Cruz de Castro von der De-La- Salle-Universität in Manila. Unter Einheimischen wird die Allianz bislang heftig kritisiert, obwohl Präsidentin Gloria Arroyo nicht müde wird zu betonen, ohne US-Unterstützung werde das Land der islamistischen Extremisten nie Herr. Castro glaubt, dass die nächste Offensive gegen die Rebellen länger dauern wird: „Die Abu-Sayyaf-Gruppe auf Jolo ist eine härtere Nuss als die auf Basilan.“

Die jüngsten Entführungen sind die ersten der Abu Sayyaf seit dem Abzug der US-Soldaten. Noch vor drei Wochen hatten die Regierungen in Manila und Washington erklärt, dass die Gruppe „handlungsunfähig“ sei. Tatsächlich sind in diesem Jahr viele Mitglieder der Abu Sayyaf, darunter auch einige ihrer Anführer, getötet oder gefangen genommen worden. Aber die neue Gräueltat auf Jolo zeigt, dass die Gruppe immer noch gefährlich ist. Auf Jolo, wo bisher keine US-Einheiten im Einsatz waren, versuchen Tausende philippinische Soldaten schon seit Jahren vergeblich, der Abu Sayyaf das Handwerk zu legen.Moritz Kleine-Brockhoff

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