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Politik: Abwarten und Wasserpfeife rauchen

Die Menschen in Jordanien sind gegen den Irak-Krieg. Aber auch gegen das Regime von Saddam Hussein

Von Andrea Nüsse, Amman

Seit Wochen haben Menschen in Jordanien diesen Tag gefürchtet – nun sind die ersten Bomben auf den Irak gefallen und in der Hauptstadt Amman gehen alle ihrem Alltag nach. Der Taxifahrer Khalil sitzt in seinem Stammcafe „Maqwa Jabali“ im historischen Stadtzentrum Ammans, gleich hinter dem zentralen Busbahnhof, und raucht seine Wasserpfeife. In einer Ecke des ungeheizten Cafes, dessen Deckenplatten an einigen Stellen heruntergefallen sind, läuft der Fernseher. Zunächst der saudische staatliche Sender, dann ägyptisches TV, Al Dschasira und CNN. „Auf allen Sendern sehen wir die gleichen Bilder“, beschwert sich Khalil. Der Mann palästinensischer Herkunft ist wütend – mehr noch auf die jordanische Regierung als auf die Amerikaner. „Wir erfahren hier nichts“, beschwert er sich, „sie wollen, dass wir im Dunkeln tappen.“

Dazu passt, dass die jordanische Regierung sich bis zum frühen Nachmittag nicht zum Kriegsbeginn geäußert hat. Jordanisches Fernsehen schaut der 39-jährige Taxifahrer schon gar nicht an: „Alle internationalen Sender berichten darüber, dass wir Tausende von US-Soldaten im Land haben, nur unser Fernsehen sagt dazu nichts.“ Khalil ist gegen den Krieg, aber auch gegen das irakische Regime. Er glaubt, ein Wechsel muss von innen kommen. „Ich bin in Kuwait geboren und habe dort die irakische Invasion miterlebt. Meine Mutter hasst Saddam Hussein und wünscht ihn seit Jahren zum Teufel. Doch jetzt hofft sie, dass das Regime den Amerikanern Widerstand leisten wird.“

Für Jordanien befürchtet Khalil höchstens wirtschaftliche Auswirkungen, wenn der Krieg länger dauert. Und einige Proteste. „Aber unsere Regime haben es geschafft, uns solche Angst einzujagen, dass sich niemand wirklich rühren wird“, glaubt er. Daher sei der Krieg nun „eine Sache zwischen dem Irak und Amerika“, die arabischen Staaten würden zuschauen. Zum Beweis zeigt er auf den Nachbartisch, wo eine Kartenrunde beginnt.

In der Stadt ist von einem erhöhten Sicherheitsaufgebot nichts zu entdecken. Informationsminister Mohammed Adwan dementiert Gerüchte, nach denen ab 16 Uhr eine Ausgangssperre über die Stadt verhängt werden soll. Diese Gerüchte hatte viele Bürger am Mittwoch zu Hamsterkäufen veranlasst. Der jordanische Kameramann Khalil Marwan hatte noch vier blaue Petroleumlampen besorgt, falls der Strom ausfällt. Am Donnerstagmorgen stehen sie ungebraucht auf dem Küchentisch und erinnern an die Unruhe, die in den Tagen vor dem Kriegsausbruch herrschte. Aber vielleicht werden sie später noch nützlich sein.

Der bisher einzige Zwischenfall soll eine Schlägerei in der jordanischen Universität gewesen sein. Dort sollen jordanische Studenten saudische und kuwaitische Kommilitonen verprügelt haben – wegen der Hilfe, die ihre Regierungen der US-Armee leisten.

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