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Auf dem Tahrir-Platz in Kairo kommt es zu gewaltsamen Zusammenstößen zwischen Anhängern und Gegnern des ägyptischen Präsidenten Hosni Mubarak. Die Gefolgsleute Mubaraks reiten zum Teil auf Pferden und Kamelen auf den Platz.

© dpa

Ägypten: Mubaraks Schläger gehen auf Demonstranten los

Einen Tag nach dem Millionen-Menschen-Marsch haben Schläger des Mubarak-Regimes in Kairo ein Chaos angerichtet. Mit Messern, Knüppeln und Steinen gingen sie auf friedliche Demonstranten los. Offenbar fielen auch Schüsse.

Wie Augenzeugen berichteten, waren die Fahrer der Lastwagen, mit denen die Schläger zum Tahrir-Platz herantransportiert wurden, Polizisten in Uniform sowie Mitarbeiter der Staatssicherheit.

Andere Pro-Mubarak-Demonstranten hatten sich am Morgen in Mohandessin versammelt und waren mit Parolen wie "Ja zu Mubarak, er sorgt für Stabilität" und "Ja zu dem Präsident des Friedens" in Richtung Stadtzentrum gezogen. Viele der Prügler sollen nach Angaben des Komitees der Protestbewegung Polizisten in Zivil sein, die in den drei Jahrzehnten des Regimes Mubarak für Misshandlung und Folter in den Gefängnissen verantwortlich sind. Das staatliche ägyptische Fernsehen zeigte zunächst keine Bilder von den staatlich inszenierten Massenschlägereien. Die Unterstützer des Regimes erschienen mit Kamelen, Pferden und Kutschen auf dem Platz, in allen Seitenstraßen rund um den Platz der Befreiung gab es stundenlang heftige Schlägereien. Steine flogen über den Platz, an dem auch das Ägyptische Museum liegt. Tausende Menschen versuchten, sich in Panik aus dem Chaos in Sicherheit zu bringen. "Die sind wie die Tiere", sagte eine weinende junge Frau auf Al Jazeerah.

Die Armee, um deren Panzer herum sich die Schlägereien abspielten und deren Fahrzeuge von einem Steinhagel getroffen wurde, schaute dem Treiben der Regime-Schläger zunächst tatenlos zu. Wenige Stunden vor dem Massenüberfall hatte die Armee die Demonstranten über die Lautsprecheranlage des Platzes eindringlich vor Gewalt und Blutvergießen gewarnt und sie aufgefordert, nach Hause zu gehen.

Die Schläger scheinen zudem angewiesen, sich ausdrücklich ausländische Journalisten vorzuknöpfen, die sie beschuldigen, mit ihren Berichten den Aufstand gegen das Regime von Hosni Mubarak angestachelt zu haben. Ein Reporter von CNN wurde verprügelt, ein Journalist des Sender Al Arabiyya durch einen Messerstich verletzt. Der Reporter der belgischen Tageszeitung "Le Soir" wurde von mehreren Zivilpolizisten schwer geschlagen, in eine Kaserne am Stadtrand verschleppt und gezwungen, ein Glas mit dreckigem Nilwasser zu trinken. Der Fernsehsender Al Jazeerah war bereits am Montag verboten worden, seine sechs Mitarbeiter wurden vorübergehend verhaftet. Über dem Platz kreisten Hubschrauber.

Bereits tags zuvor war es zu ersten Auseinandersatzungen zwischen Mubarak-Unterstützern und Mubarak-Gegnern in Alexandria gekommen, die sich am Mittwoch mit wachsender Gewalt fortsetzten. Fernsehbilder zeigten, wie die Besatzung eines in der Nähe stehenden M1 Abrams Panzers mit seinem Kettenfahrzeug hilflos auf und ab fuhr, Warnschüsse in die Luft feuerte und dann die friedlichen Protestierer aufforderte, hinter dem Panzer Schutz zu suchen.

Am späten Dienstagabend hatte Präsident Hosni Mubarak es in seiner zweiten Fernsehrede seit Beginn der Unruhen abgelehnt, vorzeitig zurückzutreten. Er kündigte allerdings an, er werde im September nicht zum sechsten Mal als Präsident kandidieren und die Verfassung ändern lassen, so dass auch unabhängige Bewerber antreten können. "Das Land hat die Wahl zwischen Chaos und Stabilität", sagte der 82-Jährige. Und er werde auf ägyptischem Boden sterben. Gleichzeitig versprach er Reformen und Arbeitsbeschaffungsprogramme. Zuvor hatten Demonstranten auf dem Tahrir-Platz einen Prozess gegen den Präsidenten gefordert und eine Puppe mit seinem Gesicht an einem Ampelmast aufgehängt.

In einer ersten Reaktion übte Barack Obama unverhohlen Kritik an dem Zeitplan Mubaraks. Die Machtübergabe in Kairo müsse sofort beginnen und sie müsse friedlich ablaufen, sagt der amerikanische Präsident. Auch die Europäische Gemeinschaft forderte Ägyptens Präsident auf, "so schnell wie möglich" freie Wahlen auszuschreiben. Ein Sprecher des Außenministeriums in Kairo wies diese Forderungen kategorisch als Einmischung in die inneren Angelegenheiten Ägyptens zurück.

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