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Barack Obama bei seiner Rede vor der UN-Vollversammlung

© AFP

Ägypten: Obama wirbt für Arabischen Frühling

Der amerikanische Präsident spricht sich bei seiner Rede vor der Generalversammlung der Vereinten Nationen für den Arabischen Frühling aus, lehnt aber ein Treffen mit Ägyptens neuem Präsidenten ab.

Präsident Barack Obama hat in seiner Rede vor der Generalversammlung der Vereinten Nationen am Dienstag dafür geworben, den Arabischen Frühling trotz der jüngsten Gewaltexzesse zu unterstützen. Er lobte die Massendemonstrationen gegen die extremen Milizen in Libyen als Zeichen, dass die Mehrheit der Einwohner religiösen Fanatismus ablehne und mehr demokratische Freiheiten anstrebe. Der neuen ägyptischen Führung unter Präsident Mohammed Mursi von der Moslembruderschaft bot er eine Schuldenreduzierung um eine Milliarde Dollar an, um die Wirtschaft dort anzukurbeln. Zugleich machte Obama klar, dass er von den Regierungen, die im Zuge der Revolutionen an die Macht gelangt sind, erwartet, dass sie antiamerikanischen Demonstrationen entgegentreten und US-Diplomaten vor Gewaltakten schützen. Mursis Bitte um einen Empfang im Weißen Haus hatte Obama abgelehnt, nachdem dieser anfangs gezögert hatte, die Exzesse zu verurteilen. Das bilaterale Treffen mit Mursi am Rande der Generalversammlung in New York überließ er Außenministerin Hillary Clinton.

Mit dem Bekenntnis zum konstruktiven Engagement in der arabischen Welt geht Obama ein innenpolitisches Risiko sechs Wochen vor der US-Präsidentschaftswahl ein. Nach der Ermordung von drei Diplomaten in Libyen und der Zerstörung amerikanischer Vertretungen in anderen arabischen Ländern durch aufgebrachte Demonstranten fordern Konservative eine energische Reaktion von der Regierung. Für eine Weltmacht wie die USA sei es wichtiger, gefürchtet und respektiert als geliebt zu werden. Der republikanische Präsidentschaftskandidat Mitt Romney warf Obama in Fernsehinterviews am Sonntag und Montag vor, seine Reaktion auf die Gewalt gegen US-Diplomaten sei schwach. Im US-Kongress verlangen Konservative, die Hilfsgelder für muslimische Länder zu streichen, wenn deren Regierungen sich nicht auf die Seite der USA stellen und amerikafeindliche Demonstrationen unterbinden.

Obama vertrat in seiner UN-Rede einen anderen Kurs. Er warb mit Hilfsangeboten um Kooperation und verurteilte das in den USA gedrehte Mohammed-Video, das als Auslöser der jüngsten Unruhen in der arabischen Welt gilt. Er sagte aber, dass er eine eindeutige und verlässliche Positionierung von Amerikas Partnern erwarte. Ein Doppelspiel, in dem muslimische Regierungen Amerikas Hilfe fordern, sich aber innenpolitisch auf US-feindliche Gruppen stützen, werde er nicht akzeptieren.

Den Umgang mit Mursi interpretieren US-Experten als Kräftemessen mit Kairo. Ägypten gilt als Schlüssel für die Entwicklung der Region und die US-Beziehungen zu den neuen Regierungen, die sich stärker auf muslimische Kräfte stützen als die autoritären, säkularen Regime vor dem Umbruch. Obama hatte Ägyptens Militärmachthaber Hosni Mubarak im Februar 2011 zum Rücktritt gedrängt, obwohl dieser ein langjähriger Verbündeter der USA war, und hat den Aufstieg Mursis zum Präsidenten gegen Blockadeversuche des ägyptischen Militärs unterstützt. Mursi hat in den USA Ingenieurwissenschaften studiert und dort promoviert, zwei seiner Kinder haben den amerikanischen Pass. Obama war verärgert, als Mursi zunächst nichts gegen den Ausbruch antiamerikanischer Gewalt unternahm. Er rief ihn an und stellte ihn in einem 40-minütigen Gespräch vor die Wahl: Wenn er Hilfe wünsche, müsse er die US-Vertretungen schützen. Er fügte hinzu, in Washington verfolge man nicht nur die englischsprachigen Verlautbarungen der Regierung in Kairo, sondern auch die arabischen Anweisungen an die Moslembruderschaft.

Mursi reagierte mit eigenen Forderungen. Wenn Amerika wolle, dass Ägypten sich an den Friedensvertrag mit Israel halte, müssten auch die USA ihre Verpflichtungen aus dem Abkommen von Camp David erfüllen, darunter Unterstützung für einen Palästinenserstaat, sagte Mursi der „New York Times“.

In seiner Rede stellte Obama Libyen als positives Beispiel dar, wie eine Zivilgesellschaft sich gegen die Extremisten zur Wehr setze. Als Gegenbeispiel, wie die USA mit Ländern umgehen, die die Regeln für Umgang brechen, diente ihm der Iran. Obama wiederholte die Drohung, dass Amerika den Bau einer iranischen Atombombe nicht zulassen werde. Noch im Oktober sollen die Sanktionen weiter verschärft werden. Der Druck auf den Iran, sein Atomprogramm zu stoppen, wird von militärischen Übungen der USA mit Verbündeten in der Region begleitet.

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